«Snelandia» – Land des Schnees – der Name, den die Finnmark Fylkeskommune, die Bezirksverwaltung der Finnmark, ihrem neu ausgeschriebenen ÖV-Angebot per 1.1.2016 gab, passt. Der Schnee ist für die nördlichste Provinz des europäischen Festlands während rund einem halben Jahr, im Gebirge auch länger, das prägende Landschaftselement. Dass der öffentliche Verkehr unter diesen Bedingungen nicht ganz einfach zu planen ist, dürfte klar sein – auch der Verfasser dieses Artikels hat dies während seiner Recherche am eigenen Leib erlebt. Der vorliegende Bericht zeigt hauptsächlich Bilder aus dem Winterbetrieb in der Finnmark; zur Dokumentation sind einzelne (ältere) Sommeraufnahmen eingestreut.

Vom Staatsbetrieb zum Auftragnehmer

Die Provinz Finnmark mit Verwaltungssitz im relativ kleinen Vadsø sowie mit Alta (rund 12’000 Einwohner) als grösste Stadt liegt komplett über dem Polarkreis am nördlichsten Ende des europäischen Festlandes. Mit rund 76’000 Einwohnern leben etwa gleich viele Einwohner in der Provinz wie in Ob- und Nidwalden zusammen – dies allerdings auf einer Fläche von 48’000 Quadratkilometern, etwas mehr als die Schweiz.

Derzeit wird das Busangebot der Provinz Finnmark von der Boreal Transport AS aus Trondheim betrieben; hinter dem Namen stecken aber mehr als 100 Jahre Geschichte, der grösste Teil davon unter dem Namen FFR – Finnmark Fylkesrederi og Ruteselskap (Bezirksrederei und -Busgesellschaft Finnmark). Im Jahr 1916 noch als Finnmarkens Amtsrederi gegründet, führte die Gesellschaft, bis dahin ausschliesslich auf dem Wasser unterwegs, im Jahr 1937 die ersten Autobuslinien in der damals wie heute sehr dünn besiedelten Provinz ein und erhielt ihren bekannten Namen. Im Laufe der Jahre wurden diverse lokale Autobusbetriebe durch die FFR übernommen, so im Jahr 1976 die Firma Polarbil in Vadsø, welche bereits im Jahr 1920 ihre Buslinie von Tana über Vadsø und Vardø nach Svartnes in Betrieb nahm.

Eine der ältesten Busrouten in der Finnmark führte ab 1920 von Tana Bru nach Svartnes bei Vardø; sie wurde damals nicht von der FFR, sondern von der privaten «Polarbil» aus Vadsø eingeführt und gelangte mit der Übernahme 1976 zu FFR. Heute wird die Strecke werktags 3x und sonntags 2x pro Tag mit modernen Reisebussen bedient – auf diesem Bild ist der 2018 nachgelieferte Wagen N1963 vom Typ Scania Interlink HD unterwegs auf einem sonntagmorgendlichen Kurs Richtung Kirkenes, er legt direkt am Varangerfjord einen kurzen Stopp in Bergeby ein. Die Busse der «Fernlinien» 60-66 bedienen trotz der bisweilen über 10-stündigen Fahrtdauer alle Haltestellen an der jeweiligen Strecke.

Titelbild: Die Marke Snelandia wurde per 1.1.2016 geschaffen und dient als Dachmarke für den öffentlichen Regionalverkehr in der Finnmark. Die meisten Busse werden von der Firma Boreal betrieben, die eine ihrer Wurzeln in der früheren FFR, dem Bezirks-Verkehrsbetrieb der Finnmark, hat. Die hier sichtbare Anschrift auf der Frontanzeige wird nur bei nicht im Fahrplan veröffentlichten Fahrten angezeigt – dieser Scania/Higer A30 ist als Kindergarten-Kurs zwischen Karigasniemi und Karasjok unterwegs.

Die Endstation in Vardø liegt auf einer kleinen Insel in der Barentssee – über Jahrzehnte führte die Fahrt dorthin mit einer kleinen Fähre ab Svartnes über einen schmalen Meeresarm. Im Jahr 1983 wurde dann der Vardøtunnel eröffnet – der 3 Kilometer lange Unterseetunnel, erster seiner Art in Norwegen, führt auf bis zu 88 Metern unter Wasseroberfläche hinüber auf die Insel, die als einzige Stadt in Europa in der arktischen Klimazone liegt. Der Scania OmniExpress 3.60, einer von 13 auf den Start des neuen Vertrags Anfang 2016 abgelieferten Wagen dieses Typs, ist frühmorgens in Tana bru gestartet und erreicht nach der kurzen Tunnelfahrt in Kürze die Haltestelle Rådhus. Im Hintergrund ist der gut 200 Meter hohe Berg «Domen» zu erkennen – er muss auch von der Strasse überquert werden und ist das letzte Hindernis auf der zweieinhalbstündigen Fahrt entlang dem Fjord. Die Strecke muss gelegentlich bei starken Winden gesperrt werden.

Im Zuge der in Norwegen in den 1990er-Jahren fortschreitenden «Liberalisierung» des öffentlichen Verkehrs beschloss der Bezirk Finnmark 1994, die ÖV-Linien zukünftig auszuschreiben; in diesem Zusammenhang wurde die bis anhin staatliche FFR in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die ersten Ausschreibungspakete 1996 (erstes Paket Buslinien) und 1997 (Schiffsbetrieb) konnte die FFR gewinnen, auf den Buslinien in der Mittelfinnmark amtete dagegen ab 1999 die in Sortland im Bezirk Nordland ansässige Nordtrafikk Buss AS. Offenbar zeigte sich die Bezirksverwaltung mit beiden Betreibern zufrieden, sodass die jeweiligen Verträge nach Ablauf der offiziell ausgeschriebenen Periode mehrfach ohne erneute Ausschreibung Verlängert wurden.

Verkäufe und erneute Ausschreibungen nach der Jahrtausendwende

So blieb also die FFR auch als Aktiengesellschaft der dominierende ÖV-Anbieter in der Finnmark. Weniger konstant waren hingegen die Besitzverhältnisse der Firma. Die bisher staatliche Aktiengesellschaft wurde 2003 an die Connex Norge verkauft, eine Tochter des französischen Grosskonzerns Connex. 2006 kaufte die Firma, kurz zuvor wie das Mutterhaus in Veolia umbenannt, auch die Nordtrafikk Buss AS und fusionierte FFR, Nordtrafikk und weitere Busbetreiber im Jahr 2007 zur Veolia Transport Nord AS. Damit verschwand nach Jahrzehnten das gewohnte, rot-orange Design der Busse (auf Schiffen wurde stets eine weniger farbenfrohe Variante angewendet) zugunsten eines schlichten Weiss mit dezenten Veolia-Logos.

Die Stammfarben der FFR-Busse waren über Jahrzehnte hinweg Rot und Gelb, wobei der Rot-Anteil im Laufe der Zeit abnahm. Das abgebildete Fahrzeug ist als Stadtbus in der nördlichsten Stadt Europas, Honningsvåg, im Einsatz und passiert gerade die Haltestelle am Gamleveien. Das Stadtbusnetz wurde mit der Ausschreibung 2016 stark reduziert und wird nur noch in der Hauptverkehrszeit bedient; in den schwächeren Zeiten fährt heute ein Kleinbus als Flexx-Rufbus. Der Volvo 8700LE wurde 2005 abgeliefert und ging 2016 nach der Ausschreibung der Finnmark-Linien an die Sparte Boreal Travel über, wo er im Auftragsverkehr vor allem als Schulbus eingesetzt wird.
Ein wichtiger Knotenpunkt im Netz der Finnmark war und ist Olderfjord. Dort treffen sich zweimal täglich die Hauptlinien von Alta, Hammerfest, Honningsvåg und Karasjok sowie die Nebenlinie ab Havøysund, und es bestehen Umsteigemöglichkeiten in alle Richtungen. Während der halbstündigen Standzeit wird auch Fracht zwischen den Bussen umgeladen, umso mehr als die einst staatliche Fracht-Lastwagenlinie quer durch den Bezirk längst eingestellt ist. Das Bild aus 2010 zeigt die Übergangsphase. Während der Volvo-Kurswagen aus Alta nach Karasjok noch im FFR-Gelb erscheint, sind die etwas neueren Kurswagen Honningsvåg–Alta und Karasjok–Honningsvag bereits im «Design» von Veolia gehalten, das kaum mehr als ein rotes Logo auf der Seite umfasst. Auf der Linie nach Havøysund hilft an diesem Tag ein wohl angemieteter älterer Reisebus aus.

Im Jahr 2011 fusionierte das Mutterhaus Veolia mit Transdev zur Veolia-Transdev-Gruppe, wobei sich der neue Riesenkonzern von kleineren Märkten zurückziehen wollte. Per 6. Mai 2011 wurden deshalb die norwegischen Aktivitäten im Rahmen eines «Management Buyouts» aus dem Konzern herausgelöst, grossmehrheitlich an einen luxemburgischen Investor verkauft und in Boreal umbenannt. Die folgenden Jahre waren für Boreal geprägt von verschiedenen internen Umstrukturierungen, welche auf das weitgehend historisch gewachsene Angebot in der Finnmark jedoch keinen spürbaren Einfluss hatten. Seit 2016 sind die Tochtergesellschaften nicht mehr regional organisiert, sondern nach Verkehrsmittel: Für die Linien in der Finnmark ist seither nicht mehr die Boreal Transport Nord AS, sondern die Boreal Buss AS zuständig.

Ende 2014 musste sich die Firma erstmals seit längerem wieder einer Ausschreibung stellen; die Verkehrsleistungen vom 1.1.2016 bis zum 31.12.2022 wurden damals für den ganzen Bezirk neu ausgeschrieben – getrennt in Bus und Schnellboot. Erneut konnte der Betrieb einen „Sieg“ (tatsächlich hatte sich niemand anderes um die Linien beworben!) einfahren, und betreibt nun für sieben Jahre ein Netz, bestehend aus Stadt-, Überland- und Schulbussen, Schnellbooten und einzelnen Fähren.

Das Snelandia-Netz

Dabei wurde das historisch gewachsene Netz erstmals seit Jahrzehnten komplett neu strukturiert. Die Grundzüge des Angebotes wurden durch die Provinz vorgegeben, wobei zwischen den ersten Ausschreibungsunterlagen und dem tatsächlichen Angebot verschiedene Anpassungen erfolgten.

Die Linie 66 führt von Sonntag bis Freitag einmal täglich von Hammerfest über Olderfjord, Lakselv, Ifjord, Tana bru und Varangerbotn nach Kirkenes und braucht für die Fahrt etwas mehr als 10 Stunden, bei schlechtem Wetter gelegentlich auch mal deutlich mehr. An diesem verschneiten Februarmorgen hat der Bus bereits nach der ersten Gebirgsüberfahrt zwischen Skaidi und Olderfjord eine Verspätung von rund 20 Minuten eingefahren – in Lakselv wird der Kurs dann ganz gebrochen, weil die Strasse über das Ifjordfjell wegen Schneesturm gesperrt ist.
Die Linie 63 von Karasjok nach Hammerfest fährt zweimal täglich, macht am Samstag aber ebenfalls, wie die meisten Überlandlinien in der Finnmark, einen Tag Pause. Im «Vorortsbereich» von Hammerfest, der noch vor Kvalsund beginnt und sich über eine gute Stunde Fahrzeit erstreckt, steigen beim Morgenkurs viele Reisende zu, welche für Einkaufen, Arztbesuch oder gar Flüge in das Regionalzentrum reisen. Auch in Slettelv steigen zwei Reisende zu, welche, wie in der Finnmark üblich, ihr Billet ab Wertkarte bezahlen (für «normale» Billetkäufe an Bord wird heute ein saftiger Zuschlag verrechnet). Wagen 1415 ist dreieinhalb Stunden zuvor bei Dunkelheit in Karasjok gestartet, der Bus ist einer von vier OmniExpress 3,60 der älteren Bauserie, welche 2012 noch in Veolia-Farben abgeliefert wurden und die auch im neuen Vertrag noch eingesetzt werden. Nächstes Dorf wird Kvalsund sein, wo auf einer 1977 eröffneten Brücke der gleichnamige Sund überquert und die Insel Kvaløya, auf der die Stadt Hammerfest liegt, erreicht wird. Bis 1977 musste der Sund mit einer der damals allgegenwärtigen Fähren überquert werden.
Nur selten verirren sich andere Fahrzeuge als die Scania-Reisebusse auf die 60er-Linien. Eine Ausnahme war an diesem kalten Wintermorgen, als wegen Defekten beide in Karasjok stationierten derartigen Wagen ausser Betrieb waren. So musste für die ersten beiden 63er-Kurse, welche nur bis Flughafen Lakselv fahren und so dessen Frühflüge an Karasjok anbinden, ein Schulbusfahrzeug des Typs Scania/Higer A30 einspringen – insgesamt acht dieser Schwedisch-Chinesischen Ko-Produkte wurden zwischen 2015 und 2017 abgeliefert. Der Bus hat vor wenigen Minuten den Ausgangspunkt verlassen und erklimmt nun die lange Steigung über das Gebirge – als nächster Halt ist Nattvann (Nachtsee) im Plan, wobei die vor allem für Ausflügler interessante Haltestelle im Winter kaum gebraucht wird. Die eisige Strasse stellt für die Linienbusse, im Winter standardmässig mit Spikes ausgestattet, und für ihre geübten Chauffeure nicht das geringste Hindernis dar und wird mit 80-100 km/h befahren. Viel schwieriger ist frischer Schnee, da dieser vom Wind verweht wird und die Strassen für Stunden komplett lahmlegen kann.

Grundpfeiler des Angebotes zu Lande sind nach wie vor die Überlandlinien, neu mit Nummern 60-66 bezeichnet. Sie verbinden die grössten Städte Alta, Hammerfest, Honningsvåg, Karasjok, Vadsø und Kirkenes untereinander, wobei die Frequenz von mehrmals täglich bis zu zweimal wöchentlich reicht. Als West-Ost-Querverbindung von Alta nach Kirkenes wurde nun voll auf eine 6x pro Woche bediente Route von Hammerfest über Olderfjord, Ifjord und Tana nach Kirkenes gesetzt, die ursprünglich geplante Expresslinie über Karasjok wurde nur am Freitag- und Sonntagabend geführt und im Dezember 2018 mangels Frequenzen gar auf den Abschnitt Alta – Karasjok eingekürzt. Die Linie über Ifjord kann zwar deutlich mehr Ortschaften anbinden, hat aber den Nachteil, dass sie die Bergstrecke über das Ifjordfjell beinhaltet, welches im Winter oftmals gesperrt ist – so kann es durchaus vorkommen, dass mit dem öffentlichen Verkehr über mehrere Tage keine Verbindung von der Ost- in die Westfinnmark besteht.

Im Stadtverkehr werden heute moderne Low-Entry-Fahrzeuge eingesetzt – Vollniederflurwagen sind in den langen Wintern sehr anfällig und in der Finnmark nicht zu finden. In Alta, Hammerfest und Kirkenes fahren insgesamt 12 Scania Citywide LE (Nr. 1729-1740), im Bild fährt Wagen 1736 entlang der Hammerfester Hafenbucht dem Stadtzentrum entgegen; die Linie 130 verbindet als Durchmesserlinie die Quartiere Prærien und Rypefjord im Halbstundentakt (in der Hauptverkehrszeit gar viertelstündlich) mit dem Zentrum der 10’000-Einwohenr-Stadt.
Gut 500 Kilometer östlich fahren die Stadtbusse auf drei Linien in Kirkenes und den umliegenden, ebenfalls zur Gemeinde Sør-Varanger gehörenden Ortschaften. Durch den Erzabbau wurde aus dem kleinen Handelsnest an der russischen Grenze eine Kleinstadt, welche sich heute als Endpunkt der Hurtigruten eine saftige Scheibe vom Norwegen-Tourismus abschneiden konnte; das Nachbardorf Bjørnevatn hingegen wird vor allem von Einheimischen bevölkert, welche mit der Buslinie 111 stündlich, in der Hautpverkehrszeit halbstündlich das Zentrum erreichen. Wagen 1714 ist einer von vier OmniExpress 3.20LE, welche auch in Honningsvåg und Alta im Stadtverkehr unterwegs sind; er hat soeben den alten Hafen passiert, welcher im Winter durch Nordwinde gelegentlich mit Eisschollen zugepackt wird.
Durch die Verknüpfung mit Überlandlinien gelangen auch Hochflurfahrzeuge gelegentlich in den Stadtverkehr in Kirkenes. Wagen N1319 hat am Morgen einige Kurse auf der Linie 112 («Stadtbus-Linie» mit rund einer Stunde Fahrzeit nach Jakobsnes und Tårnet) absolviert und nutzt nun die Pause, um seinerseits den CityWide auf der Linie 110 abzulösen. Er ist einer von fünf 12-Meter-Integro in der Finnmark, welche 2010 gebaut und 2016 mit dem Neuvertrag von südlicheren Boreal-Standorten in die Finnmark versetzt wurden. Der Bus passiert gerade die Oberstufenschule der Stadt.
Die Stadt Hammerfest ist über die Jahrzehnte vom einstigen Hafen in die teilweise besser vom Wind geschützten Seitentälchen und bis auf die angrenzenden Hügelzüge gewachsen – das Gebiet um den für die Stromerzeugung gentzten Storvatnet wird von der Linie 131 im Halbstundentakt bedient. Wagen 2334, ein ebenfalls aus dem Süden hierher versetzter Volvo 8900LE, hat soeben in Høyden gewendet und fährt nun wieder talwärts in Richtung Stadtzentrum. Auf der Insel Kvaløya gibt es kaum Bäume, lediglich im Stadtgebiet wurden von Menschenhand einige Nadelbäume angesiedelt.

Nebst den Hauptlinien bestehen Stadtbusnetze in Alta, Hammerfest, Honningsvåg und Kirkenes, und einige wenige Überlandlinien in grössere Ortschaften, welche sich allerdings an einer Hand abzählen lassen. Der Grossteil des Linienverkehrs auf dem Land wird hingegen von Schulbuslinien sichergestellt, welche zwar publiziert und für zahlendes Publikum zugelassen sind, deren Fahrpläne aber auch kurzfristig den Schulbedürfnissen angepasst werden können und die somit für den Gelegenheitsreisenden kaum nutzbar sind.

Ein Grossteil des fahrplanmässigen Verkehrs in der Finnmark betrifft die über 50 Schulbuslinien, welche die zum Teil sehr abgelegenen Gebiete in den Bergen und an den Fjorden mit den wenigen Städten verbinden. Ab Karasjok fahren vier Schulbuslinien ins Umland, wobei eine davon heute von der lokalen Firma Baltos mit einem PKW befahren wird. Die Linie 251 gehört hingegen nach wie vor zum Boreal-Netz, zum Einsatz kommt auf der 60 Kilometer langen Strecke mit rund einer Stunde Fahrzeit ein Sprinter-Kleinbus der Serie 1746-1754. Das Fahrzeug hat soeben an der Endstation (die maximal noch von einem Schüler tatsächlich genutzt wird, meist aber mangels Kundschaft gar nicht erst angefahren wird) gewendet und fährt kurz nach halb Vier im letzten Abendlicht zurück nach Karasjok. Die erste Etappe wird ihn über den eigentlichen Gebirgspass führen, bevor dann nach über 10 Kilometern in Jergul die nächste «Siedlung» (mit 3 Gebäuden) erreicht wird.
Ebenfalls nur im Schülerverkehr bedient wird das Pasviktal, das sich von Kirkenes über hundert Kilometer südwärts erstreckt und dessen Talfluss meist auch die Grenze zu Russland ist. Die lange Linie 223 wird in Svanvik bei der Schule gebrochen, und nach rund einer Stunde Fahrt muss für die letzten 40 Minuten bis zum Strassenende in Vaggetem umgestiegen werden. Fixe Haltestellen gibt es im Pasviktal nicht, und so hat Wagen 1810, an diesem Tag im Pasviktal eingeteilt, an einer Parkbucht am Skrukkebukkvatnet einen kurzen Halt, um einen Schüler auszuladen.
Auch im äussersten Nordosten, am Varangerfjord, gibt es einen Schülerverkehr ab dem Verwaltungssitz des Bezirks in Vadsø nach Skallelv. Dabei wird die Hauptstrasse teilweise verlassen, um auch kleinere, durch die Linie 64 nicht angebundene Ortschaften zu bedienen. Wagen 1806, einer von 6 überlangen Volvo 8900LE aus 2013, welche 2016 für den neuen Finnmark-Vertrag angekauft wurden, hat soeben das kleine, unter Denkmalschutz stehende Fischerdörfchen Ekkerøy bedient und fährt nun zurück nach Sollnes an der Hauptstrasse.

Eine ganz neue Angebotsgattung wurde ebenfalls eingeführt: Die so genannten Flexx-Busse mit Nummern 8xx. Dabei handelt es sich um Rufbuslinien mit sehr unterschiedlichen Frequenzen (von mehrmals täglich wie bei den Ruf-Stadtbussen in Vadsø und Honningsvåg bis zu 1x wöchentlich bei einigen Überlandlinien), welche im Gegensatz zum übrigen Liniennetz mehrheitlich nicht durch Boreal, sondern durch lokale Transportunternehmer bedient werden. Die Fahrzeuggrösse variiert dabei von komfortablen, 16-plätzigen Kleinbussen bis zum Standard-PW in Taxi-Ausführung. Der Unterschied zum Taxi ist, dass in jedem Fall die üblichen Linientarife gelten, ohne weitere Zuschläge – und dass eine Reservation ganz einfach übers Internet getätigt werden kann.

Ausserhalb der Städte und der 60er-Hauptlinien sind die Linienbusse vielerorts mit dem neuen 2016er-Vertrag aus der Fläche verschwunden. Auch die Achse von Karasjok nach Tana bru entlang dem Tana-Tal wird heute nur noch viermal pro Woche bedient, wobei die Flexx-Linie 820 von der Firma Dørmenen Transport aus Varanger betrieben wird. Trotz der Tatsache, dass es sich mehrheitlich um Taxis handelt, sind die Flexx-Fahrzeuge vollständig ausgerüstet mit Billetverkaufssystem, Leitsystem inkl. Echtzeit-Fahrplanangaben und ähnlichen Extras – und auch die Chauffeure tragen erfolgreich dazu bei, einen guten Service Public anzubieten. Beim kurzen Zwischenhalt in Roavvegieddi, dem norwegischen Brückenkopf des Grenzübergangs ins finnische Utsjoki, werden Koffer verladen, und selbstverständlich erhalten weniger agile Reisende auch Hilfe beim Einsteigen in den gut ausgelasteten Minibus.
Mit zunehmender Entfernung wird auch die Umsetzung der Flexx-Vorgaben lockerer: Die Kjøllefjord Skipsekspedisjon, welche auf der entfernten Nordkyn-Halbinsel den Flexx betreibt, verzichtet bei ihren silbergrauen komfortabeln Sprintern auf das Anbringen von Anschriften oder des obligaten Flexx-Klebers. Die Halbinsel hat per 31.12.2015 jeglichen fahrplanmässigen ÖV verloren und wird heute noch viermal pro Woche an Ifjord angebunden – im Winter allerdings deutlich seltener, denn die Strecke dorthin beinhaltet drei Gebirgsübergänge, die bei schlechter Witterung im Konvoi-Verkehr befahren werden. Da die zeitlich passenden Konvois über das Bekkarfjordfjell 2018 gestrichen wurden, fallen nun die Kurse nach Ifjord bei schlechter Witterung ganz aus – was dazu führt, dass die einzige ÖV-Verbindung in Ortschaften wie Kjøllefjord oder Mehamn manchmal über Tage nur noch die Hurtigrute ist. Stabiler läuft der Verkehr auf der Linie «FlexxFly», welche Kjøllefjord mit dem nahen Flughafen Mehamn verbindet – die Linie wurde erst auf Druck der Bevölkerung 2017 eingeführt und ermöglichte nach einem Jahr Unterbruch wieder tägliche Verbindung zwischen den nur etwa 30 Kilometer Luftlinie enfernten Orten. Mit einem der beiden abendlichen Kurspaare verlässt der Sprinter das idyllische Kjollefjord – vor ihm liegen 30 Strassenkilometer über tief verschneite Bergsträsschen.

Täglich unterwegs – auch oder gerade zur See…

Das gilt übrigens auch für viele Stationen der Schnellboote, auf Norwegisch „Hurtigbåt“ genannt. Das Liniennetz verbindet vor allem die diversen Inseln im Westteil der Provinz mit den Städten Alta, Hammerfest und Havøysund, aber auch mit kleineren Häfen. Die Kurse sind recht gut auf die Anschluss-Buslinien ausgerichtet, sofern sie nicht dem Schülerverkehr dienen. Die eingesetzten Schnellboote variieren punkto Grösse, sind mehrheitlich aber Katamarane mit weniger als 100 Passagieren Kapazität, viele davon können auch einzelne PKW laden. Für die Inseln sind sie oft die einzige Verkehrsverbindung, und entsprechend wird grossen Wert auf eine wetterfeste Konstruktion gelegt.

Im Vergleich zu den Bussen sind die Snelandia-Schnellboote in neutralen Farben gehalten. Die Fahrpläne sind in der Regel so gelegt, dass morgens Verbindungen zum Festland und abends zurück auf die Inseln möglich sind, mit zusätzlichen Mittagsrunden an einzelnen Tagen. So warten in Hammerfest kurz nach Mittag die drei Schiffe Melkøy (2015), Hornøy (2016) und Årøy (2015) auf ihre nächsten Fahrten. Die Melkøy dient als Reserve, während die anderen beiden Schiffe am Nachmittag wieder auslaufen werden: Die Hornøy als Sørøysund-Express nach Slettnes mit diversen Zwischenhalten auf telefonische Anmeldung, und die Årøy als Masøy-Express nach Gunnarnes, Ingøy und Havøysund.

Das führt dazu, dass der Seeweg oftmals zuverlässiger ist als der Landweg. Vor allem Winterstürme können das Strassennetz schlimmstenfalls über Tage, oftmals aber zumindest in den Morgenstunden lahmlegen – während der Schiffsverkehr mit etwas Verspätung oder Auslassen von einzelnen besonders exponierten Anlegestellen weiterhin funktioniert.

Auch die Hurtigruten, die längste täglich bediente Schifffahrtslinie der Welt, ist nach wie vor Bestandteil des regionalen öffentlichen Verkehrs (wenngleich Subventionen nur durch den Staat, nicht aber durch die Bezirke geleistet werden) – und gerade bei schlechtem Wetter und gesperrten Strassen für viele Orte die einzige Verbindung mit der Aussenwelt. Während einigen Jahren – zuletzt von 1988 bis 1996 – stellte auch die FFR ein Schiff auf der legendären Route. Heute hat die Zuverlässigkeit der Schiffe für den Lokalverkehr massiv abgenommen: die verstärkte Ausrichtung auf Touristen hat immer grössere und komfortablere Schiffe gebracht, die aber im Gegensatz zu den älteren, kleineren Einheiten bei schlechtem Wetter kaum noch in die engen Häfen manövriert werden können. Auch werden bei (während Winterstürmen regelmässig auftretenden) Verspätungen kleinere Häfen relativ kurzfristig ausgelassen, um eine rechtzeitige Ankunft in Kirkenes für das Erreichen der Anschlussflüge zu gewährleisten.

Die Schiffe der Hurtigruten werden in Norwegen auch als «Riksvei No 1» (Bundesstrasse 1) bezeichnet, da sie auf ihrer über 2'700 Kilometer langen Fahrt von Bergen als Kirkenes das Land auf fast der ganzen Länge bedienen. Die 11-tägige Runde nach Kirkenes und zurück wird täglich bedient, wobei fast 3 Tage der Rundfahrt entlang der Finnmark führen. Für einige Ortschaften insbesondere auf der Nordkyn- und Varangerhalbinsel ist es die einzige tägliche ÖV-Verbindung, die somit auch genutzt wird, um beispielsweise Spitalbesuche in Hammerfest oder Kirkenes zu erreichen. Der grösste Teil der Fahrgäste sind aber heute auch im Winter Touristen, auf die sowohl Grösse und Komfort der Schiffe abgestimmt sind, als auch der Flugplan in Kirkenes – so ist es für die Betreibergesellschaft ein hohes Ziel, pünktlich in Kirkenes anzukommen, dem gelegentlich auch Anläufe von Häfen geopfert werden. Die in Gegenrichtung verkehrende MS Trollfjord ist hingegen praktisch pünktlich unterwegs, als sie kurz nach Havøysund dem Schlechtwetter entflieht und weiter in Richtung Hammerfest fährt. Mit Baujahr 2002 ist sie derzeit das neuste Schiff im Linienverkehr; dies wird sich 2020 ändern, wenn der derzeitige Vertrag mit dem norwegischen Staat ausläuft. Die nächste Verkehrsperiode wird nicht mehr alleine von der Hurtigruten AS bedient, sondern zusammen mit der Havila Kystruten AS, welche nach einem durchaus harten Wettbewerb vier Umläufe übernimmt. Auch die Hurtigruten muss auf diesen Zeitpunkt jedoch aufrüsten, werden doch neue Schiffe auf dem höchsten ökologischen Standard verlangt, den die in den 1990er-Jahre gebauten «Mini-Kreuzfahrtschiffe» teils nicht erreichen können.
Im Jahr 2020 wird auch das traditionelle Motorschiff «Lofoten» seinen letzten Arbeitstag im Hurtigruten-Linienverkehr haben, da mit dem Schiff das Behinderten-Gleichstellungsgesetz nicht erfüllt werden kann. Das Schiff ist das letzte der so genannten «Nachkriegsgeneration», welche mit ihrem für die damalige Zeit revolutionären Komfort und der wirtschaftlichen Technik zu einem kleinen Aufschwung der durch die Strasse immer mehr bedrängten Langstreckenlinie führten. Mit der zunehmenden Ausrichtung der Hurtigruten auf touristischen Verkehr wurden die Schiffe mit mehrheitlich unter Deck liegenden Kabinen in den 1990er- und 2000er-Jahren schrittweise ausgemustert, wobei die Nachfolger aufgrund der grösseren Abmessungen und neueren Technik auch bei Stürmen deutlich ruhiger fahren und so für die nicht schiffsgewohnte Kundschaft besser geeignet sind. Auch ermöglichen Ladeluken die Beladung der Schiffe direkt mit Motorfahrzeugen, während bei der «Lofoten» alle Frachten mit dem Kran auf dem Vorschiff zu verladen sind. Trotzdem hat die kleine Einheit ihre grosse Fangemeinde und ist auch im Winter gut besetzt unterwegs – hier bei der Anfahrt auf den Hafen von Vardø. Die «Lofoten» hat übrigens eine besondere Beziehung zur Finnmark, wurde sie doch von 1988 bis 1996, in der wirtschaftlich schwierigsten Zeit der Hurtigrute, unter der Flagge der FFR eingesetzt, welche zeitweise ebenfalls ihren Anteil an der bis 2006 stets von mehreren Reedereien bedienten Linie hatte. Heute steht das Schiff unter Denkmalschutz und mit weit über 300'000 Betriebsstunden soll der nach wie vor originale Hauptmotor Rekordhalter punkto Betriebsstunden bei allen europäischen Reedereien sein.

Die Marke Snelandia – Nur ein kurzes Zwischenspiel?

Bis zum 31.12.2015 waren die Busse bei allen Namenswechseln jeweils im Design des Betreibers unterwegs (wobei sich dies von Boreal nur unwesentlich von dem des früheren Mutterhauses Veolia unterschied). Seit dem 1.1.2016 sind die Linienbusse unter der Marke «Snelandia» ganz in Blau unterwegs; auch Fahrpläne und Ticketsystem sind unter der entsprechenden Website erstmals für den ganzen Bezirk auffindbar. Damit heben sich die Busse wohltuend von jenen in den südlicheren «Nordprovinzen» Troms und Nordland ab, in denen sie mit wenig durchdachten Abwandlungen des jeweiligen Corporate Identity der Provinz unterwegs sind.

Wie lange allerdings, steht in den Sternen. Im Rahmen der laufenden Verwaltungsreform soll die Zahl der Norwegischen Bezirke massiv reduziert werden – in diesem Zusammenhang werden per 1.1.2020 die Bezirke Finnmark und Troms zu einem neuen Grossbezirk zusammengefasst. Obschon die Bevölkerung der Finnmark in einer Volksabstimmung mit 87% dagegen votierte, sind die Vorbereitungen nun in vollem Gange. Der Widerstand der Finnmark erklärt sich einerseits mit der Samischen Minderheit, die in der Finnmark zahlenmässig eine relevante Stellung hat, in einer neuen Grossprovinz jedoch noch deutlicher in die Minderheit abrutschen würde – aber auch mit dem Verlust von Verwaltungsarbeitsplätzen und Bedeutung im neuen Gebilde, dessen Hauptstadt Tromsø alleine gleich viele Einwohner haben wird wie die gesamte Provinz Finnmark heute. Dazu kommen die reinen Distanzen – die Fahrt zwischen Tromsø und dem heutigen Verwaltungssitz der Finnmark in Vadsø führt immerhin über 789 Strassenkilometer und dauert mit dem Auto mindestens 10 Stunden – mit dem ÖV-Landweg ist sie in einem Tag nicht zu bewältigen. Ob die Busse dann noch als Snelandia vermarktet werden, ist derzeit noch nicht klar – möglicherweise wird also eine der wenigen wirklich unverwechselbaren Marken im norwegischen ÖV nach wenigen Jahren bereits wieder verschwunden sein.

Wie sich der öffentliche Verkehr im Land des Schnees weiterentwickeln wird, ist ungewiss. Nicht nur fehlen einigen Linien die nötigen Fahrgastzahlen – viele Flexx-Linien erreichen nur knapp 3-Stellige Werte pro Jahr – sondern auch die bevorstehende Bezirksfusion mit Troms dürfte der entlegenen Provinz wieder eine Neuorganisation bescheren. Einige Orte wie Båtsfjord am nördlichen Rand der Varanger-Halbinsel werden schon heute mehrheitlich mit Rufbussen bedient. Nur zweimal pro Woche, am Freitag- und Sonntagnachmittag, fährt noch ein Linienbus ab Tana ins zwei Stunden entfernte Fischerdorf. Der Bus hat erst vor wenigen Minuten seinen Ausgangspunkt verlassen und fährt nun flussabwärts – die einheimische Bevölkerung bewegt sich stattdessen im Winter meist auf dem Fluss mit dem Motorschlitten.