Im Jahr 1989 wählte Polen erstmals seit langer Zeit unabhängig seine Regierung – der Kommunismus war am Ende. Das bekam schrittweise auch die Bahn zu spüren: Im Spannungsfeld von Privatisierung, Automobilisierung und Modernisierung schlägt sich PKP Intercity seit bald 20 Jahren im Fernverkehr mehr oder weniger erfolgreich – heute unter dem wachsamen Auge einer rechtsnationalen Politik.

1989-2001: Die PKP im Umbruch

Das Jahr 1989 war nicht nur in Polen ein historisches – aber es waren nicht zuletzt die Vorkommnisse im Land der Solidarność, welche den Niedergang des Kommunismus im Osten Europas beschleunigten. Obschon bei den Wahlen im Juni noch die einstigen Blockparteien eine Mehrheit erhielten, waren sie unfähig, eine Regierung zu bilden – im September wurde dann eine solche mit Opposition und zwei «gekippten» Blockparteien beschlossen, womit der Kommunismus in Polen zu Ende war. Kurz darauf anerkannte das wiedervereinigte Deutschland im November 1990 offiziell die bis dahin strittige polnische Westgrenze, womit Polen mit ganz anderen Augen in die Zukunft schauen konnte als noch kurz davor. Dies bekam auch die Polnische Staatsbahn Polskie Koleje Państwowe (PKP) rasch zu spüren; bereits 1990 wurden erste Nebenbetriebe ausgegliedert und privatisiert, wobei die noch in Staatshand befindliche PKP anfänglich stets mindestens 51% der Aktien behielt.

Die Wende zeigte sich auch in der Ablieferung erster klimatisierten Personenwagen für den Fernverkehr. Bis 1989 wurden praktisch ausschliesslich Wagen der in Osteuropa verbreiteten «kurzen» Bauart UIC-Y, bzw. der mit der OSShD (dem sowjetischen Pendant zur UIC) kompatiblen Bauart YB beschafft. Just 1989 wurden erstmals dem langen UIC-Typ X entsprechende Speisewagen im ostdeutschen Bautzen beschafft, 1990 die ersten von 70 Wagen vom Typ «XB», im deutschen Görlitz produzierte Zweitklasswagen, welche ungefähr dem unklimatisierten Typ UIC-Z2 entsprachen, als grösste Abweichung aber 8 anstatt 6 Sitze pro Abteil aufwiesen. 1991 folgten aus dem Werk Bautzen 70 Abteilwagen 1. und 2. Klasse mit geschlossenen Fenstern, welche dem Typ UIC-Z2 entsprechen. Damals war bereits auch die Planung der 50 ersten klimatisierten und für 200 km/h tauglichen Z1-Wagen im Gang: Da die heimische Industrie noch nicht über die entsprechenden Fähigkeiten verfügte, wurden durch die Lokomotiv- und Wagenfabrik Poznań (FPS) und ABB-Henschel in Kooperation gebaut und nach finanziellen und rechtlichen Schwierigkeiten 1996 ausgeliefert.

Anfänglich beschränkte sich das Betätigungsfeld von PKP IC auf den hochwertigen Fernverkehr mit den Kategorien Intercity und Express, ab 2004 zur Kategorie Express InterCity (EIC) zusammengefasst. Zu deren klassischen Routen gehörten bis zur Einführung des EIP (Express Intercity Premium) im Jahr 2014 jene von Warszawa über die «CMK» (Centralna Magistrala Kolejowy – Zentrale Eisenbahn-Magistrale) nach Katowice oder Kraków. Die heutige sehr attraktive Fahrzeit von knapp über 2 Stunden ist auch dem fortschreitenden Ausbau der Zufahrtsstrecken zur CMK zu verdanken – hier etwa im Bahnhof Grodzisk Mazowiecki, wo der IC 4510/11 «Klimczok» am 10.8.2015 von Bielsko Biała und Katowice kommend Richtung Hauptstadt fährt.
Auch die West-Ost-Verbindung von Warschau nach Poznań gehört fest zum EIC-Einsatzbereich – wobei auf dem Korridor sowohl Inland-EIC-Züge nach Szczecin als auch internationale EC nach Berlin verkehren. Letztere Kompositionen erhielten eine eigene Farbgebung in DB-Weiss mit blauem statt rotem Streifen, und den Namen «Berlin-Warszawa-Express». Während die Züge den Namen noch tragen, ist die Lackierung ab 2015 sukzessive verschwunden – auch auf dieser Aufnahme vom 11.8.2015 sind bereits zwei Wagen im PKP-IC-Design im Zug. Als weitere Besonderheit hängt am Zug noch der letzte Rest des einst stolzen EuroNights «Jan Kiepura» nach Oberhausen im Ruhrgebiet. Der Zug, der bis 2014 noch bis Amsterdam verkehrte, wurde in seinem letzten Betriebsjahr zwischen Berlin und Warschau Tagesrand-EC mitgegeben, wodurch sich die Fahrzeit stark verlängerte. Der Zug ist vor zwei Minuten im Ostbahnhof (Warszawa Wschodnia) gestartet und überquert vor dem Nationalstadion die Weichsel.

Die ersten gänzlich in Polen gebauten UIC-Z2-Wagen waren die 12 Liegewagen der Bauart 134A, welche vollständig von FPS erbaut wurden. Ab 1992 folgten 42 Abteilwagen vom Typ 136A, welche ebenfalls dem Z2-Standard entsprechen; die 1994/1995 gelieferten Zweitklasswagen 144A (25 Stück) und Erstklasswagen 145A (20 Stück) waren dann, obwohl ansonsten dem Z2-Standard entsprechend, erstmals vollklimatisiert. Ab 1997 folgten zuletzt noch die 64 Wagen der Typen 152A (1. Klasse) und 154A (2. Klasse), dem Z1-Standard entsprechend und gleichzeitig die ersten Grossraumwagen in der Flotte!

2001–2008: Ein florierender Intercity-Betrieb

Parallel dazu wurden immer mehr Teile der PKP aus dem Mutterkonzern ausgegliedert und privatisiert (oder aber in Aktiengesellschaften in Staatsbesitz umgewandelt). An den Personenverkehr wagte man sich erst Ende der 1990er-Jahre. Kurz nach dessen Ausgliederung 1999 wurde 2001 die PKP Intercity (PKP IC) gegründet, mit dem Auftrag, fortan den hochwertigen Fernverkehr zu betreiben. Für den Regionalverkehr wurde gleichzeitig die PKP Przewozy Regionalne (PR) geschaffen, wobei diese auch den Fernverkehr auf den weniger prestigeträchtigen Routen behielt.

Die bis dahin gelieferten UIC-Z- sowie die XB-Wagen gelangten vollständig zu PKP IC, welche auch alle weiteren Z-Wagen, die noch in Produktion waren, erhielt. Nichtsdestotrotz erbte PKP IC eine grosse Flotte von Wagen der Typen YB und UIC-Y: Auf die insgesamt über 3’500 gebauten Wagen der Typen 110A (Liegewagen), 111A (2. Klasse), 112A (1. Klasse), 113A (Speisewagen) sowie die Schlaf- und Zweitklasswagen aus Görlitz und Bautzen konnte weder im Regional- noch im Fernverkehr verzichtet werden. Selbst die bis 1992 noch gebauten 260 Wagen der Typen 140A (1. Klasse) und 141A (2. Klasse) waren zwar noch nicht einmal 10 Jahre alt, mit ihren klotzgebremsten Drehgestellen, Übersetzfenstern und den 4er-Sitzbänken in den 2.-Klass-Abteilen aber trotzdem bereits veraltet.

Klassische UIC-Y-Wagen in unzähligen Ausführungen waren anfänglich auch im EIC-Verkehr zu beobachten – heute sind sie das Rückgrat der Flotte für den TLK, den «tiefstrangigen» Produkt im Angebot, das vor allem noch für Tangentiallinien sowie Nacht- und Saisonverbindungen zum Zuge kommt. Dabei sind gerade auf Nebenlinien bisweilen sehr kurze Züge zu beobachten: Im Bild zieht EU07-317 den am 3.10.2019 aus nur zwei Wagen bestehenden TLK 73102/3 «Wybicki» (Poznań–Kraków via Ostrów und Kluczbork) in den für solche Züge ziemlich überdimensioniert wirkenden Bahnhof Częstochowa Stradom.
Auf vielen anderen Strecken sind die urigen Wagen inzwischen mehrheitlich verschwunden – so ist etwa die Linie von Olsztyn nach Warszawa fast vollständig in der Hand moderner Flirt-Triebzüge, und nur noch einzelne Zugspaare sind lokbespannt. Am 6.8.2015 war dies noch anders, als TLK 53100/1 «Mazury» (Olsztyn – Kraków) durch die ländliche Station Gryzliny fährt. Die 160 km/h schnelle EP09 würde auf diesem Abschnitt natürlich nicht gebraucht – ihre Höchstgeschwindigkeit wird sie aber südlich von Warszawa ausfahren können, da der TLK als einer von wenigen solchen Zügen zwischen Warszawa und Kraków die CMK benützt.

So begann man, auch die ersten solchen Wagen zu modernisieren: Noch vor der Aufteilung in Regional- und Fernverkehr wurden die ersten Wagen zu so genannten «Lux»-Wagen modernisiert: Sie erhielten modernere Drehgestelle, eine neue, komfortablere Inneneinrichtung und neue Türen; die Grundkonstruktion blieb aber unverändert. Dem zunehmenden Bedürfnis, auch Velos im Zug zu befördern, wurde mit einer Serie Velowagen Rechnung getragen: Dazu wurden in einigen Zweitklasswagen einfach einzelne Abteile ausgebaut und mit Velohaken versehen, hinzu kamen für Saisonzüge auch umgebaute Gepäckwagen. Die ersten vollmodernisierten Wagen erschienen dann 2005: Einerseits wurden aus 30 Liegewagen neue Grossraumwagen mit Veloabteil und Klimaanlage geschaffen (111Arow), andererseits wurden die ersten kaum 15-jährigen Wagen der Typen 140A und 141A mit stärkeren Lüftungen, neuen Türen und Aussenanzeigen versehen (Typ 140A-mod bzw. 141A-mod). Eine verbesserte Bauart des schon erwähnten 111Arow erschien ab 2008 in 45 Exemplaren.

Zwischen Gdynia und Poznań über Bydgoszcz und Inowrocław fahren heute mehrheitlich UIC-Z-Garnituren; einzelne Umläufe sind aber nach wie vor klassische UIC-Y-Garnituren, und so zieht EP07-1047 am 13.5.2018 mit TLK 65104/5 «Pomorzanin» eine klassische TLK-Komposition bei Smętowo südwärts. Zuvorderst ist einer der 30 111Arow der ersten Generation eingereiht – diese ersten vollmodernisierten UIC-Y-Wagen sind von weiten an den eckigen Fensterrahmen erkennbar. Foto: Heiko Metzger.
Eine weitere UIC-Y-Modernisierung stellen die Wagen vom Typ 609A dar – aus klassischen Gepäckwagen umgebaute Velowagen, welche vor allem im Saisonverkehr eingesetzt werden. An der Spitze des TLK 33102/3 «Łukasiewicz» (Warszawa – Zakopane) rollt ein solches Fahrzeug am 12.8.2015 zwischen Poronin und Zakopane bergwärts; der einst berühmte Wintersportort (der 1939 gleichzeitig die nordische und alpine Ski-WM beherbergte) ist das Ziel zahlreicher Saison-Züge.

Parallel dazu veränderte sich die Ausgangslage aber mehrmals. Schon 2004 wurde auf Geheiss des Infrastrukturministeriums eine Handvoll wichtiger Expresszüge samt Rollmaterial von PKP PR übernommen, welche vorerst als IRn (InterRegion) in das Angebot aufgenommen wurden. Gleichzeitig wurde durch Zusammenlegung der bisherigen Zugskategorien Express (Ex) und InterCity (IC) der neue ExpressInterCity (EIC) geschaffen, welcher nebst verschiedener weiterer, zum Teil kurzlebigen Gattungen wie dem «Noczny Express» (Nachtexpress), rasch zum wichtigsten Produkt wurde. 2005 wurde der «TLK» geboren: «Tanie Linie Kolejowe» (zu Deutsch: Günstige Eisenbahnlinien), hiessen nun die ehemaligen IRn-Züge, aber auch einige weitere, teils neue, teils aus Ex umgewandelte Verbindungen. Preislich deutlich unter dem EIC-Preis gelegen, wurden diese praktisch ausschliesslich aus UIC-Y-Material gebildet und umfassten auch die meisten bisherigen Nachtexpress-Verbindungen. Die ersten der Züge erhielten sogar ein eigenes Aussendesign – was aber bald wieder aufgegeben wurde.

UIC-Z-Wagen wurden in dieser Zeit übrigens nur sehr beschränkt beschafft: 2005 gelangten zehn Schlafwagen 304A zur Ablieferung, welche den Nachtzug «Jan Kiepura» (Warschau–Amsterdam) auf ein neues Komfort-Niveau hoben. Stattdessen begann man, die teilweise erst knapp 10-jährigen XB- und Z2-Wagen schrittweise zu modernisieren, wobei feste Fenster, Klimaanlagen, Aussenanzeigen und Steckdosen nachgerüstet wurden.

2008–2014: Ein «vergiftetes» Erbe und neue Konkurrenz

Bis 2008 verliefen die Geschäfte von PKP IC durchaus positiv: Finanziell machte die Gesellschaft mit den grösstenteils eigenwirtschaftlichen Linien schöne Gewinne, und die Fahrgastzahlen stiegen zwar nicht gerade ins Unermessliche, aber doch konstant an. Im Dezember 2008 sollte sich das jedoch nachhaltig ändern: Nach dem Beschluss des Infrastrukturministeriums PKP PR an die einzelnen Wojewodschaften (die polnischen Regionalregierungen) zu verkaufen und deren verbliebene, zweitrangige Fernverkehrsleistungen gleichzeitig an PKP IC zu übergeben, vergrösserte sich deren Geschäftsvolumen plötzlich um fast das Vierfache. Es gelangten aber auch im grossen Stil unrentable Linien und veraltete UIC-Y-Wagen zum Park – die einzigen einigermassen modernen Wagen waren die rund 120 im Rahmen des ersten EU-Regionalentwicklungsprogramms (SPOT) modernisierten Fahrzeuge, darunter immerhin auch 34 Grossraumwagen mit Velo- oder Rollstuhlabteil.

Ein Beispiel für die 2008 neu übernommenen Verbindungen ist diejenige von Szczecin über Gdańsk und Olsztyn über Białystok, wobei die meisten Züge in Olsztyn beginnen und enden. Einer davon ist TLK 58106/7 «Stańczyk» Olsztyn–Szczecin, der hier am 29.7.2018 bei Żaby Róg noch ziemlich am Anfang seiner siebenstündigen Fahrt unterwegs ist. An der Zugspitze hängt an der Zugspitze einer der 24 im Rahmen von SPOT, dem ersten EU-Entwicklungsprogramm, umgebauten und 2008 von PR an PKP IC übergegangenen Grossraumwagen mit Rollstuhlabteil Typ 111Ainw, erkennbar an der Schwenkschiebetür am relevanten Wagenende. Die erste Klasse fehlt im Zug ganz; dies ist auf zahlreichen jüngeren TLK-Verbindungen planmässig so, da die Nachfrage dafür gering ist und ein Mangel an gemischtklassigen Wagen besteht. Foto: Heiko Metzger.
Ebenso zur grossen Vielfalt der ehemaligen PR-Schnellzüge gehören zahlreiche langsame Verbindungen auf den Stammstrecken von Warschau südwärts – am 10.8.2015 zieht EP07-389 den TLK 41112/2 «Walenty Roździeński» (Katowice–Warszawa) nordwärts Richtung Warschau. Am kurzen Zug ist auch einer der 24 im ersten SPOT-Programm aus Erstklasswagen umgebauten gemischtklassigen 112At – am Fahrzeug ist besonders gut zu sehen, dass in Polen die erste Klasse nicht nur mit gelbem Streifen, sondern auch mit einer anderen Farbgebung gekennzeichnet wird (bzw. wurde – die ab 2014 gelieferten elektrischen Triebzüge sind durchwegs einheitlich lackiert).
Bis die ab 2008 neu übernommenen Verbindungen zumindest optisch dem Erscheinungsbild von PKP IC angeglichen waren, dauerte es aber einige Jahre. Im Sommer 2009 dominierte auf vielen zweitrangigen Fernverkehrsbildern noch das klassische Grün und Rot der PKP (wobei rot für die Erstklass- und Grün für die Zweitklasswagen üblich war). Im Bild zieht SU45-241 einen von PR übernommenen Schnellzug Warszawa–Kostrzyn über die alte preussische Ostbahn durch den Bahnhof Witnica. Nach einigen Jahren wurden die wenigen verbliebenen Verbindungen über diese einstige Hauptlinie bis Gorzów verkürzt, und erst in den letzten Jahren ab 2015 wieder deutlich ausgebaut. Foto: Heiko Metzger.

Ebenfalls neu war für PKP IC der Besitz eigener Lokomotiven – bisher wurden solche durchwegs von PKP Cargo angemietet. Mit der Übernahme praktisch alle PR-Maschinen ebenso wie der bisher gemieteten Cargo-Loks erbte man einen bunt gemischten Park: Zwar entsprach mit über 300 Loks die Mehrheit der ursprünglichen Bauart EU07/EP07 – im Laufe der Jahre war diese ursprünglich in britischer Lizenz gebaute Grossserie aber mittels zahlreicher Umbauten immer diverser geworden. Als grösster Nachteil sollte sich die Höchstgeschwindigkeit von nur 125 km/h herausstellen, welche für die immer mehr auf 160 km/h ausgebauten Strecken zu tief war. Lediglich die 47 in den Jahren 1986-97 bei Pafawag Wrocław gebauten EP09 sowie die neun EP08 aus den 1970er-Jahren konnten 160 km/h schnell fahren. Von 69 Dieselloks waren 50 solche der Bauart SM42 «Stonka» («Kartoffelkäfer»), mit 90 km/h Höchstgeschwindigkeit auch keine Raketen – die übrigen 19 SM45 waren zudem mit Baujahren 1972-1976 bereits über 30-jährig! Da waren auch die 10 noch 2008 bestellten EU44 «Husar» (Siemens Eurosprinter / Taurus) nur ein Tropfen auf den heissen Stein, zumal die Zweisystemloks schon mit den Zügen nach Deutschland und Tschechien weitestgehend ausgelastet sind.

Titelbild: Mit dem IC 64102 «Panorama» (Wrocław–Katowice) eilt EU07-368 am 6.10.2019 bei Łosiów durch die Niederschlesischen Ebenen Richtung Osten. Das Bild zeigt die Schwierigkeiten, im polnischen Fernverkehr einen durchgehend hohen Standard zu erreichen: Die 35-jährige Maschine zieht eine Komposition aus zwischen 2013 und 2015 total modernisierten, aber nach wie vor mit Klotzbremsen ausgestatteten UIC-Y-Wagen mit 125 km/h Höchstgeschwindigkeit über die eigentlich seit einigen Jahren für 160 km/h ausgerüstete Linie ostwärts.

Foto: Jonas Schaufelberger

Der Nachtverkehr gelangte schon früh in den Rayon von PKP IC, obschon es sich hier meist um unklimatisierte ältere Fahrzeuge handelt. Im Bild zieht EU07-309 den komplett aus Y-Wagen bestehenden TLK 83170/1 «Ustronie», im Fahrplan 2019 längster Zuglauf von PKP IC mit fast 1'800 Kilometern in über 18 Stunden Fahrzeit, am 11.10.2019 bei Krzemienica kurz vor Mittag in Richtung Przemyśl; der Zug ist am Vorabend kurz nach 18 Uhr in Kołobrzeg an der Ostsee abgefahren und hat in Kraków am Morgen einen Teil der Schlafwagen abgehängt. Nebst dem Schlafwagen aus Görlitzer Fabrikation laufen an diesem Tag auch zwei Zweitklasswagen vom Typ YB aus dem Ostdeutschen Werk mit; sie sind am gegenüber den einheimischen Y-Wagen aus Wrocław und Poznań höheren Dach zu erkennen.
Am anderen Ende des Zuglaufs entstand am 3.8.2015 diese Aufnahme vom TLK 87260/1 «Bryza» Kołobrzeg–Kraków. Der Kurort an der Ostsee wird auch in der Zwischensaison von Nachtzügen angefahren – in der Hochsaison im Sommer erreichen die Nachtverbindungen den Ort über alle verfügbaren Strecken, im Sommer 2020 sollten es gemäss Fahrplanentwurf vier Züge pro Nacht sein.

Die folgenden Jahre waren hauptsächlich geprägt von stark sinkenden Fahrgastzahlen – von 52 Millionen 2009 auf noch knapp 25 Millionen im Jahr 2015. Davon betroffen waren insbesondere die von PR übernommenen Verbindungen, welche vielfach mit veraltetem Material über schlecht ausgebaute Linien führten – gleichzeitig wurde der Luftverkehr günstiger, und der rasche Ausbau des Autobahnnetzes ermöglichte schnelle Fernbusverbindungen, womit auch den klassischen IC-Verbindungen auf Hauptrouten starke Konkurrenz erwuchs. Schon im zweiten Jahr nach der Übernahme endete ausserdem ein Wintereinbruch im Dezember 2010 in einem so grossen Chaos, dass die gesamte Führungsriege ausgewechselt wurde. Die neue Leitung arbeitete sich rasch ein und brachte verschiedene Neuerungen politischer und betrieblicher Art auf Kurs:

Die begonnene Eingliederung der ehemaligen PR-Züge in das TLK-Netz wurde Ende 2011 abgeschlossen, schon per 1.1.2011 wurde die Gattung umbenannt in «Twoje Linie Kolejowe» (Deine Bahnlinien) – die seit 2009 abgeschaffte Reservierungspflicht in der 2. Klasse wurde schrittweise wieder eingeführt und gilt seit 2013 auf allen Verbindungen ausser Warszawa–Łódź.

Ebenfalls 2011 konnte ein Vertrag mit dem Infrastrukturministerium abgeschlossen werden, der die Subventionierung vieler unrentabler Verbindungen auf Tangentiallinien und in Randregionen umfasste. Trotzdem wurden diverse Zugläufe aufgehoben, da schlicht keine genügende Nachfrage erkennbar war.

Die in den Nullerjahren fast zum Erliegen gekommene Modernisierung des Fahrzeugparks wurde ausserdem, mit massiver finanzieller Unterstützung durch die EU-Fonds, wieder aufgenommen. Die 2009-2012 mit 14 Wagen hauptsächlich für den internationalen Verkehr gestartete Lieferung von neuen UIC-Z1-Wagen durch FPS wurde ebenso weitergeführt, wie die Beschaffung neuer Triebzüge für den TLK- und EIC-Verkehr angegangen wurde. Da parallel massiv in die Strecken investiert wurden, sollten sich die Reisezeiten auf wichtigen Verbindungen ab 2014 massiv verkürzen.

Seit 2009 werden neue UIC-Z1-Wagen von FPS Poznań abgeliefert; eine Serie von 25 Wagen wurde von der EU kofinanziert für die Strecke Gdynia–Poznań–Wrocław. Bisher wurden meist 3 Zugläufe damit bestückt, dazwischen verkehren weiteren Züge mit unklimatisiertem Material oder seit 2019 auch mit modernisierten Y-Wagen. Bei Kośćian zieht am 29.9.2016 eine EP09 ihren IC 5606/7 «Błyskawica» südwärts über die noch nicht modernisierte Strecke Poznań–Wrocław; da diese Teilflotte ohne Speisewagen geliefert wurde, läuft ein eigentlich für die Linie Przemyśl–Szczecin umgebauter 113Aa im Zug mit, erkennbar am fehlenden dunklen Fensterband.
Auf der einstigen Stammstrecke der ED74 von Warszawa nach Łódź verkehren heute deutlich längere Züge – zwar wird im Verkehr zur drittgrössten Stadt kein EIC- oder EIP-Angebot, aber dafür ein Stundentakt mit Verdichtungen angeboten. Die Strecke wurde bis 2016 umfassend modernisiert, wobei phasenweise über Kutno umgeleitet werden musste. Am 10.8.2015 war hingegen ein Gleis der Stammstrecke über Skierniewice bereits fertig modernisiert und befahrbar, während vom zweiten gerade nur die unterste Erdschicht zu sehen ist – EP07-480 zieht eine lange Wagenschlange hauptsächlich aus modernisierten 141A-Wagen durch die Baustelle bei Jaktorów. Bei der EP07 handelt es sich übrigens um ehemalige EU07 mit geänderter Übersetzung zwecks geringerer Abnützung der Antriebe – sie erreicht ebenfalls eine Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h, aber mit deutlich geringerer Beschleunigungsleistung.

Bis dahin machte der Firma aber, nach dem zunehmenden Auto-, Fernbus- und Flugverkehr, eine weitere Konkurrenz zu schaffen: Die teilprivatisierte Regionalbahn PR blieb nämlich auch nach der Abgabe des bisherigen Fernverkehrs an PKP IC in diesem Segment tätig und führte mit dem InterRegio eigene billige (und teils durch die Regionen querfinanzierte) Fernverkehrszüge sowie mit dem RegioExpress RE eine hochwertige Fernverkehrsverbindung ein, welche dem teureren IC-Verkehr stark zu schaffen machte.

Ab 2014: Der Turnaround

Wirklich bezahlt machten sich die Investitionen nicht sofort. Ab dem Dezember 2014 konnte man jedoch die ersten Früchte der Arbeit ernten. Mit 20 durch Alstom gelieferten Pendolino-Zügen der Bauart ED250 wurde die neue Zugsgattung Express Intercity Premium (EIP) eingeführt und der Verkehr auf den fast durchgehend modernisierten und für 160-200 km/h ertüchtigten Linien Gdynia–Warszawa–Kraków, Warszawa–Katowice und Warszawa–Wrocław wurde vertaktet und deutlich beschleunigt.

Der EIP kommt: Mit den 20 ED250-Pendolinos von Alstom konnte der schnelle Fernverkehr auf den Nord-Süd-Achsen ab Ende 2014 deutlich verbessert werden. Die von den Zügen benützten Strecken wurden modernisiert und mehrheitlich für 160 km/h ausgebaut; ein Abschnitt der CMK kann nun sogar mit 200 km/h befahren werden, was die Implementierung einer vollwertigen Zugbeeinflussung und Führerstandsignalisierung bedingte. Ein unerkannter ED250 hat am 3.10.2019 als EIP 5312/3 Gdynia–Kraków bei Psary die CMK verlassen, auf der ausgebauten Stammstrecke über Kozlów das Kleinstädtchen Miechów erreicht, das er wie alle EIP ohne Halt durchfahren wird. Die Strecke durch das Krakau-Tschenstochauer Hochland ist nur für rund 120 km/h ausgebaut, da die Topografie hier nicht mehr zulässt; vor kurzem hat der Zug bei der Bahnhaltestelle Tunel auch den einzigen grösseren Tunnel auf dieser Nord-Süd-Achse durchquert.
Die Einführung des EIP ermöglichte es erstmals, im grösseren Stil UIC-Z-Wagen und XB-Wagen von den Paradestrecken Warszawa – Kraków/Katowice/Wrocław in den TLK-Verkehr abzuziehen; einer der ersten so umgestellten TLK war im Jahr 2015 der 52100/1 «Lublinianin» (Bydgoszcz – Warszawa – Lublin), hier am 10.8.2015 bei Warszawa Goląbki unterwegs Richtung Osten. Dem Zug vorgespannt ist EU07-015; mit ungesickter Seitenwand (und tiefer Nummer) als eine der ersten Bauserie aus den Jahren 1965-1974 erkennbar. Als erster Wagen läuft ein 111Arow (UIC-Y) mit, dahinter folgen mehrere XB- und Z-Wagen. Der zweite Wagen trägt die Vollwerbung für die deutsche Telekom, welche kurz davor die EIC-Flotte mit Gratis-WLAN ausgerüstet hat; die unansehnliche Totalbeklebung war nur von kurzer Dauer, stellte doch die zuständige Behörde rasch fest, dass ein Notausstieg durch die Fenster so nicht mehr möglich war.

Gleichzeitig starteten unter der reaktivierten Bezeichnung IC auf der Strecke Przemyśl–Wrocław–Poznań–Szczecin die ersten aus komplett modernisierten UIC-Y-Wagen gebildeten Züge, welche auf dieser Strecke die bisherigen TLK-Züge weitgehend ablösten. Die Züge umfassen nebst klassischen Speise- und Abteilwagen auch Grossraumwagen mit Velo- oder Rollstuhlabteil; an der Modernisierung der 68 Wagen waren mit Newag, PESA, ZNTK und der omnipräsenten FPS alle namhaften Hersteller des Landes beteiligt, was allerdings auch zu erheblichen Unterschieden etwa punkto Innendesign führte. Das Programm wurde 2015 mit 150 Wagen einer 2. Serie weitergeführt, wobei diesmal PESA und ZNTK im Konsortium arbeiteten; die beliebten Grossraumwagen des Typs 168A, für welche Newag die Lizenz besitzt, konnten daher nicht mehr weiter beschafft werden. Erstmals sind dafür auch «lange» UIC-Wagen mit umgebaut worden – nebst Zweitklasswagen wurden auch Liegewagen vom Typ 134Aa umgebaut, letztere erhielten auch rollstuhlgängige Abteile. Getreu dem entsprechenden Finanzierungsvertrag mit der EU werden auch sie auf dem südlichen West-Ost-Korridor eingesetzt, wobei die Einsätze auch auf Direktdurchläufe zu anderen Strecken ausgedehnt wurden.

Die erste Strecke, auf welcher im grossen Stil modernisierte Y-Wagen Einzug hielten, war die tangentiale Hauptachse von Przemyśl über Rzeszów, Kraków, Katowice, Wrocław und Poznań nach Szczecin; sie verbindet zahlreiche grössere Agglomerationen im Süden und Westen des Landes miteinander. Aufgrund der seit Jahren verzögerten Bauarbeiten zwischen Katowice und Kraków ist allerdings ein direkter Verkehr auf dieser Achse nach wie vor kaum möglich; die Züge verkehren deshalb von Kraków über Kozlów und Częstochowa nach Wrocław und weiter, während andere nur die Stecke Katowice–Wrocław und weiter bedienen. Direkte Fernverkehrszüge über Katowice sind seit 2020 wieder möglich, brauchen aber deutlich länger als über die Umwegstrecke via Częstochowa. EIC 7300/1 «Siemiradzki» (Poznań – Przemysl) ist auf der erwähnten «Umleitungsstrecke» am 3.10.2019 unterwegs auf der Hauptlinie Kozlów – Kraków bei Szczepanowice, wo die Strecke einem idyllischen Tälchen folgt.
Zwischen Wrocław und Opóle wurde die Strecke als eine der ersten im Land auf eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ausgelegt; insbesondere die Züge, welche danach weiter Richtung Przemyśl fahren und nach Kraków diese Höchstgeschwindigkeit erneut ausfahren können, werden deshalb nach Möglichkeit mit den schnellen EP09 bespannt. Die 1987-1997 gebauten Maschinen wurden nach 2011 umfassend modernisiert und durchwegs im PKP IC-Design lackiert. Bei Łosiów ist am 7.10.2019 EP09-004, eine der ersten Serienmaschinen aus 1990, mit dem IC 7300/1 «Siemiradzki», schon aus dem vorherigen Bild bekannt, im Oktober 2019 unterwegs ostwärts über die hier schnurgerade Rennstrecke Richtung Opóle. Bis dort wird die Achse auch von den schnellen Direktzügen Wrocław – Warszwaw bedient, welche anschliessend über Lubliniec und Częstochowa die CMK erreichen; die klassische Strecke Warszawa – Wrocław über Łódź und Ostrów ist mehrheitlich nur für 120 km/h trassiert.

Allerdings fällte man im Dezember 2014 auch einen unpopulären Entscheid: Auf den Fahrplanwechsel wurden die Speisewagen aus allen TLK-Zügen gestrichen (und nur noch in den schnellen EIC/EIP sowie den neuen IC-Verbindungen belassen). Dies ermöglichte die weitgehende Ausrangierung der noch rund 100 eingesetzten Barwagen der Bauart 113A, deren Gesamtzustand sich ebenso wie der der Ende 2015 ebenfalls weitgehend abgestellten Liegewagen 110A stark verschlechtert hatte.

Seit 2013 wurde auch auf Dieselstrecken eine zögerliche Modernisierung eingeleitet: Die 10 neuen Diesellokomotiven vom Typ SU160 «Gama» des polnischen Herstellers PESA sollten neu bis zu 160 km/h erreichen – für die vielen nur saisonal verkehrenden Diesel-Linien wurden 20 der in den 60er-Jahren für den Rangier- und leichten Güterverkehr entwickelten Dieselloks vom Typ SM42 («Stonka») totalrevidiert und mit neuer Antriebstechnik versehen – darunter 10 SM42-10 mit zwei Motoren und Zugheizung sowie 10 einmotorige SM42-30/31 ohne Zugheizung für den Rangierbetrieb, welche aber auch mit Sommersaisonzügen an der Ostsee zum Einsatz kommen. Allerdings reichen Gamas und Stonkas bei weitem nicht für alle ganzjährigen Dieselleistungen aus, und so werden seit mehreren Jahren dauerhaft auch tschechische «Taucherbrillen» der Bauart 754 an die PKP IC vermietet.

Im Jahr 2015 lieferte PESA aus Bydgoszcz 10 Lokomotiven der Bauart SU160 «Gama» an PKP IC; es waren die ersten modernen Streckenlokomotiven für die nicht elektrifizierten Strecken im Land. Zu den Stammstrecken der – insbesondere mit dem politisch forcierten Angebotsausbau in Randgebieten sehr gut ausgelasteten – Loks zählt seither die Strecke durch die Masuren zwischen Olsztyn und Białystok, die zwischen Korsze und Ełk nicht elektrifiziert ist. Je nach Fahrplan und Jahr wurde den Zügen, die meist schon ab Poznań oder Szczecin kommen und ab Białystok teils nach Warszawa weiterfahren, eine Diesellok nur auf dem entsprechenden Abschnitt, teils aber auch durchgehend zwischen Olsztyn und Ełk oder Białystok vorgespannt. TLK 35106/7 hatte im Sommer 2019 die Gama (oder oftmals auch eine angemietete Lok der BR754 der Tschechischen Staatsbahn CD) zwischen Ełk und Olsztyn am Zug; hier fährt der ausschliesslich aus Y-Wagen gebildete Langstrecken-TLK (Kraków–Warszawa–Białystok–Olsztyn–Gdynia) am 6.8.2019 in den Bahnhof Kętrzyn ein, der den Zustand der einspurigen Tangentiallinie mit seinen Flügelsignalen und der gut begrünten Infrastruktur recht repräsentativ abbildet. Foto: Heiko Metzger.
Im vorgesehenen südöstlichen Einsatzgebiet zwischen Rzeszów, Lublin und Zamość liess die Zuverlässigkeit der Gamas anfänglich sehr stark zu wünschen übrig; als Grund dafür zeigte sich später unter anderem die andere Zusammensetzung des Treibstoffs in der Region. Auf der Nebenlinie zwischen Lublin und Stalowa Wola ist SU160-008 am 24.2.2018 unterwegs südwärts mit einem TLK Lublin – Rzeszów; die Strecke wurde kurz darauf für eine Modernisierung abschnittsweise geschlossen und ist seit Ende 2019 wieder befahrbar. Foto: Maciej Malec.

2015 bis heute: Es geht wieder aufwärts.

Im Jahr 2015 konnte, wohl auch dank der neuen Angebote, erstmals wieder eine positive Fahrgastentwicklung registriert werden, was nicht zuletzt auch die Möglichkeit brachte, nach Jahren des Abbaus wieder zusätzliche Strecken in das Angebot aufzunehmen. Gefördert wurde das nicht zuletzt durch die in diesem Jahr neu gewählte, rechtspopulistische Regierung: Ein wichtiges Wahlversprechen der Regierungsparteien war nämlich die bessere Versorgung der ländlichen Räume, wo die katholisch-konservative Stammwählerschaft dieser Parteien zuhause ist. Offiziell unabhängig davon wurde bei PR der Entschluss getroffen, die günstigen IR-Fernverkehrszüge ersatzlos zu streichen – nur zu gern übernahm man bei PKP IC per Dezember 2015 die attraktiven Fahrlagen dieser Züge und freute sich über die unverhofft weggefallene Konkurrenz.

Seit längerem sind praktisch durchgehend Lokomotiven der Tschechischen Staatsbahn CD im Einsatz für PKP IC; insbesondere die Baureihe 754 («Taucherbrille» genannt) ist, zuerst als Überbrückung, später als Ergänzung zu den Gamas des Typs SU160 seit Jahren Dauergast auf vielen Linien. Im Zuge der Ausweitung des Netzes auf Nebenlinien gelangt sie auch wieder auf die «Preussische Ostbahn», welche einst Berlin mit Russland verband und im Zuge der geänderten Grenzen in den beiden Weltkriegen abschnittsweise zur Nebenlinie degradiert wurde. Das Teilstück von Piła über Chojnice nach Tczew bei Gdańsk wird erst seit Ende 2016 wieder von Fernzügen befahren; Am 28.10.2017 konnte so bei Starogard Gdański diese Aufnahme des TLK 85108/9 «Kociewie» (Gdynia–Gorzów Wlkp.) entstehen, der aus zwei deklassierten 112A-Erstklasswagen besteht. Foto: Arkadiusz Niedbała .
In der Sommer- und Wintersaison werden zahlreiche Fernzüge bis in die Bergregionen verlängert –in der Zwischensaison werden zahlreiche Strecken in jenen Gegenden im Fernverkehr gar nicht oder nur von einzelnen TLK bedient. So etwa die Bergstrecke von Jelenia Góra nach Szklarska Poręba Górna im Riesengebirge (Karkonosze) an der Polnisch-Tschechischen Grenze. An Spitzentagen im Winter fahren mehrere Züge (darunter auch Nachtzüge) über die 1902 noch durch die preussischen Bahnen eröffnete «Zackenbahn» bergwärts – ab Szklarska Poręba gibt es seit 2010 nach über 60 Jahren Unterbruch wieder Anschlusszüge über die Steilstrecke ins tschechische Tanvald und weiter nach Prag. In der Sommersaison 2019 war hingegen der nur am Wochenende verkehrende IC 6150/1 «Śnieżka» aus Warszawa und Wrocław der einzige Fernzug auf der bis zu 25 Promille steilen Bergstrecke. Am 28.9.2019 war er zufällig mit einer von nur drei EU07A bespannt; die Lokomotiven wurden nach 2010 im alten Kasten praktisch neu aufgebaut und erhielten dabei auch Zugziel-Anzeiger – welche wohl nie benutzt wurden. Die Aufnahme entstand auf Talfahrt zwischen den Bahnhöfen Szklarska Poręba Średnia und Dolna (mittlerer und unterer Bahnhof).

Rollmaterial dafür wurde dank der Lieferung zweier weiterer Serien an neuen Zügen frei: Die 20 Stadler-Flirt ED160 (in 150-Meter-Fernverkehrsversion) wurden für die Nord-Süd-Tangentialverbindungen über Łódź, die Verbindung Warszawa–Bydgoszcz sowie die neue IC-Verbindung von Olsztyn über Warszawa und Kielce nach Kraków beschafft. 20 bezüglich Abmessungen und Leistungsdaten fast identische ED161 «Dart» des polnischen Herstellers PESA für den West-Ost-Verbindungen ab Białystok bzw. Lublin nach Katowice und Wrocław sowie zur Verstärkung der «Rennstrecke» Warszawa – Łódź zum Einsatz. Beide Triebzüge ermöglichten erstmals auch auf schwächer frequentierten Relationen zeitgemässen Komfort und stellten ausserdem viele ältere Wagen für neue Verbindungen frei.

Ende 2015 wurden die Triebzüge der Typen ED161 (PESA Dart) und ED160 (Stadler Flirt) in Betrieb genommen. Erstere stammen aus einer für 250km/h ausgelegten (aber bisher nur für PKP IC in 160-km/h-Ausführung gebauten) Fahrzeugfamilie des Herstellers aus Bydgoszcz und werden gemäss den Vorgaben des EU-Regionalentwicklungsprogramms auf der Achse Białystok/Lublin–Warszawa–Łódź/Katowice/Wrocław eingesetzt. Am 3.10.2019 ist ED161-005 mit IC 1712/3 «Konopnicka» unterwegs von Warszawa über Wrocław nach Zielona Góra und erreicht soeben den Bahnhof Częstochowa Stradom; Bis hierhin zum Hauptbahnhof der Pilgerstadt hat der Zug die alte Stammstrecke Warszawa–Katowice genutzt, die Fahrt geht nun über Abschnitte verschiedener Haupt- und Nebenlinien nach Opóle und Wrocław. Weitere ED-161-Zugläufe führen auch über die klassische Hauptlinie via Łódź und Ostrów Wlkp. nach Wrocław.
Die Flirts vom Typ ED160 fahren dagegen mehrheitlich im Nord-Süd-Verkehr, teilweise auf Tangentialstrecken via Łódź ohne Bedienung von Warszawa. ED160-012 ist am 7.10.2019 mit IC 3522/3 «Kolberg» unterwegs von Olsztyn über Warszawa, Skarzysko Kamienna und Kielce nach Kraków. Die einstige Stammstrecke zwischen den beiden Grosstädten Warszawa und Kraków nimmt südlich von Kozlów auch den gesamten Verkehr via CMK auf, womit der Abschnitt eine hohe Zugdichte hat. Die Aufnahme entstand zwischen Szczepanowice und Smroków; die Landschaft wird sich hier in Kürze massiv verändern: Eine im Bau befindliche Autobahn soll das Tal in diesem Bereich mittels Hochbrücke queren.

Aufgrund der lange vernachlässigten Wartung der Flotte kam es allerdings auch beim robusten Altmaterial zu vermehrten Ausfällen. Zusätzliche Modernisierungsprogramme wurden deshalb in die Wege geleitet, um das zwischenzeitlich gesetzte Ziel, bis 2025 auf unklimatisiertes Rollmaterial zu verzichten, zu erreichen. Von 2017 bis 2019 wurden erneut 46 UIC-Y-Wagen klimatisiert und modernisiert, diesmal für das ganze Streckennetz verwendbar – ebenso 36 UIC-Z-Wagen, wobei unter anderem ältere Sitzwagen in neue Speisewagen umgebaut wurden, um solche wieder vermehrt anbieten zu können. Erstmals erhielten nun auch Umbauwagen das bisher ausschliesslich auf neu gebauten Z1-Wagen angewendete überarbeitete Aussendesign mit schwarzem Fensterband.

2017 wurde auch bereits der nächste Grossauftrag vergeben: Gleich 335 Fahrzeuge sollten ab 2018 bis 2020 total ausgekernt und saniert werden. Dazu gehörten nebst 90 Abteilwagen 2. Klasse gleich mehrere neue Bauarten: 60 gemischtklassige Abteilwagen (um auch in kurzen Zügen die ab Dezember 2015 schrittweise verschwundene 1. Klasse anzubieten), 125 Grossraumwagen ohne Spezialabteil sowie 60 neuartige Combi-Wagen mit Verpflegungs- und Familienabteil, Veloabteil und Rollstuhllift. Bis auf letztere sind von allen Bauarten die ersten Fahrzeuge in Betrieb – und vermögen zu überzeugen: Nicht zuletzt dank der Verwendung von neuen, modernen Drehgestellen, die im Gegensatz zu den bisher auch unter allen modernisierten UIC-Y laufenden klotzgebremsten Monobloc-Drehgestellen endlich auch eine zeitgemässe Laufruhe bieten!

Derzeit läuft die Ablieferung der bisher grössten Serie an Umbauwagen in der Geschichte von PKP IC. Die modernen Wagen laufen insbesondere auf Strecken, welche bisher fast ausschliesslich von klassischen Y-Wagen bedient wurden: So von Wrocław durch das Odertal nach Szczecin oder über Kielce nach Lublin, von Poznań nach Olsztyn, aber auch auf der nördlichen West-Ost-Achse von Szczecin über Gdańsk und Olsztyn nach Białystok. Im Bild zieht EP07-1041, eine einst für PKP PR modernisierte Maschine, am 6.10.2019 fünf Abteilwagen 174A als TLK 68107/9 «Czcibór» durch die für die EM2012 neu gebaute Station Wrocław Stadion in Richtung Szczecin; der Zug verkehrte 2019 nur am Freitagabend und Sonntagabend Richtung Szczecin und am darauffolgenden Morgen zurück nach Wrocław. Da die zugehörigen gemischtklassigen Abteilwagen noch nicht fertiggestellt waren, verkehrten zahlreiche Züge im Herbst 2019 ausschliesslich mit Zweitklasswagen der neuen UIC-Y-Umbauserien.
Ungeachtet der rasch fortschreitenden Modernisierung fahren immer noch verschiedene TLK-Züge ausschliesslich mit unklimatisierten UIC-Y-Wagen; im Bild zieht eine EP01 am 11.10.2019 den TLK 13100/1 «Malinowski» (Warszawa–Kraków–Przemyśl) bei Pełkinie durch das Karpatenvorland ostwärts zu seinem Endbahnhof an der Ukrainischen Grenze.
Da die Wartung und Modernisierung von eigenen Y-Wagen mit der Angebotsentwicklung nicht Schritt halten kann, werden seit Jahren in der Saison Wagen der CD angemietet; seit 2020 wird diese Praxis gar noch ausgedehnt, nun starten ganzjährig gewisse Nachtzüge hinter der tschechischen oder neu auch slowakischen Grenzen und werden aus dort nicht (mehr) benötigten YB-Wagen der jeweiligen Staatsbahn gebildet. Im Bild zu sehen ist jedoch ein klassischer Saisonzug, der TLK 50171 «Rozewie» von Bielsko-Biała an der tschechischen Grenze auf die nur saisonal im Fernverkehr bediente Halbinsel Hel. Als Zugfahrzeug auf dem nicht elektrifizierten Abschnitt dient am 25.8.2019 SM42-3003, 2014 von Newag eigentlich als Rangierlok ohne elektrische Zugheizung totalsaniert und mit neuer Technologie ausgestattet; die Loks werden in der Saison regelmässig auch für kürzere TLK-Leistungen an der Ostsee herbeigezogen, da die ebenfalls 10 SM42-10xx mit Zugheizung mit längeren TLK-Läufen im Inland voll ausgelastet sind. Am Zugschluss hängt ein nicht modernisierter Schlafwagen aus Ostdeutscher Produktion; die 40 in den Nullerjahren modernisierten Wagen derselben Bauart sind auch ausserhalb der Saison voll verplant, weshalb die klassischen «WL Görl» und «WL Bautz» in der Saison nach wie vor unentbehrlich sind. Aufnahme bei Swarzewo, Foto: Marcin Kucięba.

In Zukunft werden die Programme weiterlaufen: Denn das Ziel ist noch lange nicht erreicht. Im Gegenteil: Nach dem laufenden Programm mit 335 Wagen ist noch kein weiteres fixiert, und die Lieferung von zwölf weiteren Flirt-Triebzügen, 2019 in Auftrag gegeben, ist ein Tropfen auf den heissen Stein: Im Fahrplan 2020 werden erstmals im grossen Stil uralt-Wagen der tschechischen und slowakischen Staatsbahnen eingesetzt – die ambitionierten Angebotsausbauten können mit eigenen Fahrzeugen nicht gedeckt werden! Auf Triebfahrzeugseite sollen die 30 bestellten Elektro-Loks des Typs PESA Gryffin eine Verbesserung bringen – der für 160 km/h zugelassene Fahrzeugpark soll sich mit deren Lieferung gleich um die Hälfte vergrössern!

Als neuste Errungenschaft wurde im Herbst 2019 ausserdem die Modernisierung der 14 Triebzüge der Bauart ED-74 vergeben: Diese 75 Meter langen Züge wurden 2004 für die Strecke Warszawa – Łódź an PR abgeliefert, gelangten 2008 zu PKP IC und wurden seither aufgrund ihres schlechten Komfortes und Problemen bei der Mehrfachtraktion immer weniger eingesetzt: Seit 2013 sind nur noch sporadisch Züge im Einsatz, und ab 2014 unternahm man grosse Anstrengungen, um die teils seit Jahren abgestellten Züge anderen Betreibern schmackhaft zu machen. 2017 beschloss man dann, die Fahrzeuge trotzdem zu reaktivieren, wobei die nun 2019 nach mehreren Anläufen vergebenen Arbeiten gemäss polnischen Medien teurer sind als die Beschaffung gleichwertiger neuer Züge. Sie werden vor allem auf schwach frequentierten Tangentiallinien eingesetzt.

Fahrplangestaltung: Alles im Fluss!

Diese Tangential- und Nebenlinien sind es auch, welche den polnischen Fernverkehr bisweilen sehr kurzlebig machen. Nach zögerlichen Anfängen konnte sich in Polen so etwas wie ein Taktfahrplan hauptsächlich auf den EIP-Linien sowie im Vorortsverkehr etablieren, der Fernverkehrsfahrplan ist aber immer noch sehr stark ein «Fahrplan nach Mass». Nicht weniger als sechs Fahrplanperioden umfasst das Fahrplanjahr, und die entsprechenden Fahrpläne, die vom ursprünglichen Jahresfahrplan durchaus abweichen, werden relativ kurzfristig publiziert. Dabei können auch mal Anfangs Jahr angekündigte Züge nicht eingeführt werden – oder Umleitungen aufgrund Baustellen ansonsten funktionierende Reiseketten durchbrechen. Auch Züge mit gleichem Start- und Endbahnhof können unterschiedliche Bahnhöfe bedienen oder andere Strecken nehmen, um auch Kleinstädten an Nebenlinien zumindest einen täglichen Fernverkehrshalt anzubieten.

Um Lublin, immerhin neuntgrösste Stadt des Landes, während der Totalsanierung der Bahnstrecke Warszawa–Lublin nicht vom Bahnverkehr abzuhängen, wurde für eine schlussendlich dreijährige Bauphase die Nebenlinie von Łuków an der Linie Warszawa–Terespol(–Brest–Minsk) nach Lublin für den Fern- und Güterverkehr reaktiviert. Die Züge Warszawa–Lublin (deren Fahrgäste von 2016 bis zum Baubeginn 2017 kurzzeitig von den neuen Dart-Triebzügen profitierten) wurden dafür wieder komplett auf UIC-Y-Material umgestellt und über die erwähnte Nebenbahn mit SU-160-Lokomotiven gezogen. Die Aufnahme zeigt den TLK 53191 «Mierzeja» (Hel–Przemyśl) bei Brzeźnica Bychawska. Foto: Heiko Metzger.
Die Tangentialverbindung von Żywiec nach Sucha Beskidzka wurde bis 2015 von PR-Interregio-Zügen der Querverbindung ab Wrocław über Rybnik nach Zakopane bedient; nach deren Wegfall hat PKP IC die Bedienung mit TLK-Zügen übernommen. Seit 2019 fährt auch der IC 31150 «Oscypek» über die nur für 40-60 km/h zugelassene Nebenbahn von Warszawa bis in die hohe Tatra (wobei die Wagen bis Katowice an einen internationalen IC angehängt werden) – was aber wohl auch mit der baubedingten Sperre der eigentlich schnelleren Strecke über Kraków zusammenhängen dürfte. Am 11.8.2019 zieht mit EU07-030 einer der ältesten Vertreter der 07er-Serie die an diesem Tag fünf Wagen in Richtung des Beskiden genannten Hügellandes südlich von Kraków. Foto: Heiko Metzger.
Mit nur einem täglichen Schnellzug zählt auch die Nebenlinie von Kępno über Wieluń und Tarnowskie Góry zu den «Alibi-Fernverkehrslinien» mit Minimalangebot. EO07-329 zieht TLK 74100/1 «Spodek» mit seinen drei Wagen am 6.7.2018 zwischen Czastary und Biała südwärts von Poznań nach Katowice. 2019 wurde die Anbindung der Nebenlinie wieder geändert, neu fährt der TLK «Osterwa» über die Nebenlinie, der südlich nicht nach Katowice, sondern über Częstochowa und Kraków nach Przemyśl fährt. Foto: Heiko Metzger.

Als Aussenstehender glaubt man, bei solchen Strecken ein gewisses «Try-and-Error»-Prinzip zu erkennen: Gewisse Linienführungen werden schon nach einem Jahr wieder aufgegeben, oder Durchbindungen von Zügen über die Grossen Knoten von Warszawa, Wrocław oder Poznań hinaus jährlich neu zusammengewürfelt. Oftmals sind aber auch Bauarbeiten und die dadurch verursachten Zeitverluste und Kapazitätsengpässe Grund für solche Umleitungen: So fahren etwa derzeit zahlreiche Fernverkehrsverbindungen (und insbesondere die meisten Saisonverbindungen) zwischen Wrocław und Szczecin über die so genannte «Nadodrzanka» (Oderbahn) vorbei an den Städten Glogów, Zielona Góra und Kostrzyn anstatt über das grössere Poznań, weil die Kapazität zwischen Poznań und Szczecin aufgrund laufender Ausbauarbeiten stark beschränkt ist. Bisweilen werden Strecken für die dringend notwendige Modernisierung auch komplett gesperrt, etwa zwischen Warszawa und Lublin, wo für rund zwei Jahre der gesamte Fernverkehr über Łuków und eine nicht elektrifizierte, reaktivierte Nebenlinie umgeleitet wurde. Im Zuge dieser Politik gelangen einige Ortschaften unverhofft zu einem Fernverkehrsanschluss, der manchmal dauerhaft ist, in anderen Fällen aber nach einigen Jahren auch genauso schnell verschwindet, wie er gekommen ist.

Wie es – auf Neben- wie auch auf Hauptlinien – weitergeht, dürfte nicht zuletzt auch von der politischen Entwicklung im Land abhängen – die derzeitige massive Förderung hat denn auch weniger wirtschaftliche oder ökologische, als vielmehr regional- und machtpolitische Gründe. Ob diese im Falle eines Regierungswechsels – sogar parteiintern – noch zählen werden, steht in den Sternen.

Der Weg zum Erfolg ist noch nicht geschafft. PKP IC hat in den letzten Jahren viel erreicht: Die Fahrgastzahlen steigen, der Verlust sinkt, aber noch ist die Gewinnzone nicht erreicht, und die Spätfolgen der schlechtesten Jahre – vernachlässigte Fahrzeugwartung, viele Splittergattungen bei Wagen und Triebfahrzeugen und ein bestenfalls als unsystematisch zu bezeichnendes Fahrplankonzept – beschäftigen die Bahn bis heute. EP08-008 – Teil einer nur 15 Fahrzeuge umfassenden Splitterbauart – quert am 7.10.2019 mit einem Ersatzzug für einen defekten PESA Dart als IC 1620/1 «Orzeskowa» Warszawa–Wrocław kurz vor ihrem Fahrtziel die Widawa; solche Ersatzzüge sind häufig, da auch die Triebzüge bis zum äussersten ausgereizt werden und die planmässigen 18 Tagesumläufe mit den 20 Zügen nicht immer abgedeckt werden können.
  • Heiko Metzger für die zahlreichen Bilder und Hintergrund-Infos sowie für das kritische Auge.
  • Den weiteren Gastfotografen für die Erlaubnis, ihre wunderbaren Aufnahmen von den für mich als nicht-Autofahrer schwer zugänglichen polnischen Nebenlinien verwenden zu dürfen. Mehr von ihnen finden Sie auf flickr: Arkadiusz Niedbała, Marcin KuciębaMaciej Malec.
  • Kurt Schaufelberger fürs Gegenlesen.
  • …und natürlich meinen Mitredaktoren, die mit diesem doch recht langen Bericht auch einiges zu verarbeiten hatten.

Die mit Abstand häufigste Lok-Baureihe in Polen sorgt mit ihrer Nummerierung gelegentlich für Verwirrung. Folgende Fakten tragen zu einem besseren Durchblick ein.

Es wurden drei Lokserien erbaut:

  • 1. Serie: Lokomotiven EU07-001 bis EU07-240, 1965-74 durch Pafawag Wrocław (Lizenz von English Electric) unter der Werksbezeichnung 4E erbaut.
  • 2. Serie: Lokomotiven EU07-301 bis EU07-545, 1983-94 durch Cegielski Poznań unter der Werksbezeichnung 303E erbaut und gegenüber der 1. Serie mit einigen technischen Verbesserungen ausgestattet. Optisch durch die gesickten Seitenwände von der 1. Serie zu unterscheiden.
  • Vier Lokomotiven EP08-002 bis EP08-005 mit geändertem Getriebe für 140 km/h, 1972 im Anschluss an die EU07 der 1. Serie geliefert und 1976 (nach Lieferung der Serienloks EP08-008 bis EP08-015) zu EU07-241 bis EU07-244 umgebaut.

Die Loks wurden in verschiedenen Serien modernisiert und teilweise umgezeichnet:

  • 97 EU07 erhielten zwischen 1995 und 2003 eine geänderte Übersetzung, um die Störanfälligkeit bei hohen Geschwindigkeiten zu reduzieren. Sie wurden in EP07 umgezeichnet, behielten aber ihre ursprüngliche Ordnungsnummer.
  • 74 EU07 wurden an PR verkauft; dabei erhielten sie im Rahmen von Hauptrevisionen die Nummern EU07-1001 bis EU07-1074. Ein Teil der Maschinen gelangte später wieder zu PKP IC.
  • 3 EU07 wurden 2011 bzw. 2014 zu EU07A umgebaut, wobei die gesamte Elektrik und Antriebstechnik ersetzt wurde.
  • Weitere Maschinen fahren heute bei PKP Cargo und bei Privatbahnen in unterschiedlichen Modernisierungsstufen.

Zwei Besonderheiten des polnischen IC-Verkehrs sind hier zu nennen:

  • Die Zugnummern umfassen pro Lauf immer eine gerade und eine ungerade Variante, welche im Verlauf der Fahrt mehrmals wechselt: Die ungerade gilt, wenn der Zug gerade Richtung Warschau fährt, die gerade, wenn er sich von der Hauptstadt entfernt. Bei Gegenzügen sind die ersten beiden Ziffern vertauscht: So fährt Zug 1608 von Warschau nach Wrocław, während Zug 6109 in Gegenrichtung unterwegs ist.
  • Sämtliche Züge von PKP IC (und auch zahlreiche langlaufende PR-Züge) haben einen Namen, der oft lokal verankert ist. Aufgrund der oft wechselnden Durchbindungen und Laufwegen der Züge wechselt die Zuordnung Nummer – Name – Laufweg aber relativ oft, bisweilen sogar mehrmals jährlich. Deshalb geben wir in diesem Artikel stets auch das Aufnahmejahr an.

Folgende Firmen sind für das Verständnis des Artikels relevant:

Pafawag Wrocław: Państwowa Fabryka Wagonów (Staatliche Wagenfabrik), 1945 aus dem früheren Werk Breslau der Linke-Hofmann-Busch hervorgegangen und insbesondere im Lokomotiv- und Triebzugbau tätig. Die Fabrik wurde 1997 von Adtranz (heute Bombardier) übernommen.

FPS Poznań: Hervorgegangen aus dem traditionsreichen Unternehmen H. Cegielski Poznań (HCP), wobei der Schienenfahrzeugbau nur ein Teil der grossen Maschinenfabrik darstellte. Heute ist die «Fabryka Pojazdów Szynowych» (Schienenfahrzeugfabrik) eine Tochtergesellschaft der nach dem Kommunismus reprivatisierten HCP.

PESA Bydgoszcz entstand nach dem Ende des Kommunismus aus einer seit den 1850er-Jahren bestehenden Hauptwerkstätte. 1995 im Rahmen eines «Management Buyouts» aus der PKP herausgekauft, produziert die Firma seit der Jahrtausendwende auch neue Züge und Trams. Seit 2017 gehört die Firma fast vollständig einem staatlichen polnischen Entwicklungsfonds, welcher mit diesem «Einkauf» die Firma vor dem drohenden Konkurs rettete. Ebenfalls Teil der Gruppe ist ZNTK Mińsk Mazowicki, ebenfalls eine ehemalige Hauptwerkstätte und heute vor allem im Bereich der Fahrzeugmodernisierungen tätig.

Dasselbe gilt auch für NEWAG aus Nowy Sącz; diese ehemalige «ZNTK» (Hauptwerkstätte) baut heute ebenfalls auch neue Triebzüge, etwa den erfolgreichen «Impuls» als Flirt-Derivat, und war auch an der Endmontage von Stadler-Fahrzeugen beteiligt. Daneben werden weiterhin ältere Fahrzeuge modernisiert.