Dass eine Stadt nach einer Bahnlinie benannt wird, ist eher selten. Trotzdem ist in der Fachwelt die „S5-Stadt“ durchaus ein Begriff – wir beleuchten Geschichte und Verkehr auf der Linie ins Zürcher Oberland, welche weit mehr als nur eine halbstündliche S-Bahn zu bieten hat.

Dass Bahnlinien nach den bedienten Dörfern benannt werden, ist durchaus üblich – als Beispiele können etwa das «Läufelfingerli», das «Bipperlisi» oder das «Wilerbähnli» dienen. Dass eine Stadt nach einer Bahnlinie benannt wird, ist dagegen eher selten. Genau genommen handelt es sich bei der so genannten «S5-Stadt» auch nicht im eine Stadt, sondern um eine lineare Ansammlung von stark wachsenden Städten und Gemeinden, welche entlang der Bahnlinie zwischen Zürich und Rapperswil liegen. Die Einführung der S-Bahn Zürich mit ihrer stark beschleunigten S5 hat hier zu einem starken Wachstum geführt, und in der Diskussion über deren Auswirkungen wurde auch der Begriff der S5-Stadt erfunden.

Die Anfänge der Oberland-Linie

Die Wurzeln der Linie sind bereits im Jahr 1856 zu finden – damals eröffnete die Glatthalbahn ihre Bahnstrecke zwischen Wallisellen und Uster, welche in den folgenden Jahren nach Wetzikon (1857), Rüti (1858) und Rapperswil (1859) verlängert wurde. Ab 1857 geschah dies bereits unter dem Namen der Vereinigten Schweizerbahnen (VSB), in der die Glatthalbahn aufging.

Anfänglich hatte die Strecke eine gewisse überregionale Bedeutung als Verbindung von Zürich in den Kanton Graubünden, da die direkte Verbindung über Thalwil und Pfäffikon SZ nach Ziegelbrücke erst 1875 in Betrieb ging. Noch bis zur Verstaatlichung der meisten Normalspurbahnen im Jahr 1902 rollten einige Schnellzüge wie der 1884 eingeführte Arlberg-Express nach Wien durch das Zürcher Oberland. Danach beschränkte sich die Bedeutung auf den Verkehr von und nach den Oberländer Gemeinden, wobei dieser aufgrund der fortschreitenden Industrialisierung entlang des Aabachs und der Jona sowohl bezüglich Personen als auch bezüglich Gütervolumen durchaus respektabel war.

Elektrifizierung und Doppelspurausbau

Im Jahr 1932 wurde die Strecke elektrifiziert – sechs Jahre nach der rechtsufrigen Zürichseebahn entlang der Goldküste, auf welcher die mit Fe 4/4 geführten «Arbeiter-Pullmann» schon Ende der 20er-Jahre eine neue Ära mit Pendelzugbetrieb sowie einheitlichem, komfortablem Rollmaterial einläuteten. Der schrittweise Rückgang der klassischen Textilindustrie im Oberland führte dann aber bald zur Stilllegung einiger Nebenbahnen – auch die normalspurigen Uerikon-Bauma-Bahn wurde 1948 eingestellt.

Während über 20 Jahren, bis 2013, waren die DPZ-Pendelzüge mit Re 450 und drei Doppelstockwagen ein gewohnter Anblick auf der S5. Bei Bubikon ist eine Komposition in Einfachtraktion unterwegs, vorbei am bekannten Ritterhaus in Richtung Zürich. Im Vordergrund liegt das Anschlussgleis Bubikon–Wolfhausen, das zum Zeitpunkt der Aufnahme im Jahr 2012 noch befahrbar war. Es handelt sich dabei um das einstige Streckengleis der 1948 stillgelegten Uerikon-Bauma-Bahn, welches schliesslich 2013 durch die SBB vom restlichen Netz «abgehängt» wurde. Es wird noch vom Verein Depot und Schienenfahrzeuge Koblenz (DSF) gelegentlich für Fahrten mit leichten Draisinen genutzt.

Die Oberland-Linie selbst war mit einem soliden Grundaufkommen nie gefährdet; die vorhandenen Fahrgäste rechtfertigten auch die Führung von einigen Eilzügen, welche die Strecke mit Halt nur an ausgewählten Zwischenhalten bedienten – eine Art Vorläufe der beschleunigten S-Bahnen. Die Fahrt Zürich HB­–Rapperswil dauerte vor Einführung des Taktfahrplans je nach Haltepolitik – vor allem Jona und Zürich Wipkingen wurden nicht von allen Zügen bedient – zwischen 55 und 65 Minuten, danach wurde sie auf rund 60 Minuten systematisiert und die Fahrt stündlich, an Werktagen zeitweise halbstündlich angeboten.

Im Jahr 1979 bewilligte die Zürcher Stimmbevölkerung den Doppelspurausbau der Glattal-Linie bis Uster, die bis 1984 umgesetzt wurde. Sie brachte den bedienten Ortschaften auch moderne Stationen mit Seitenperrons und Unterführungen anstelle der bisherigen «Landbahnhöfe». Die klassischen Bahnhofsgebäude aus der Eröffnungszeit der Bahn gingen dabei mit Ausnahme von Uster verloren.

Die Glattaler Linie der SBB wurde 1984 bis Uster doppelspurig ausgebaut. Die gute Trassierung der Linie – zwischen Dübendorf und Uster sind nur zwei spürbare Kurven auszumachen – ermöglicht auf der Linie auch konstant hohe Geschwindigkeiten, welche dank der weggefallenen Kreuzungshalte auch ausgefahren werden können. Diese Doppeltraktion RABe 511 «RVD» hat als S15 den Bahnhof Schwerzenbach, auf dessen Mittelperron der Fotograf steht, durchfahren und fährt über die lange Gerade Richtung Nänikon-Greifensee weiter; links des Zuges folgen die ausgedehnten Industriegebiete von Volketswil, welche nach wie vor Garant für eine gute Auslastung des täglichen Güterzuges sind.
Kurz darauf taucht an derselben Stelle denn auch Tm 232 224-6 auf, welcher ein gutes Dutzend Güterwagen im Industriegebiet zusammengeklaubt hat und diese in Kürze dem bereits im Bahnhof bereitstehenden Abendgüterzug zum RBL anhängen wird.

Die S-Bahn kommt

Ein Quantensprung brachte die Einführung der S-Bahn Zürich im Mai 1990. Das Angebot wurde in diesem Zuge ausgebaut und in schnelle und langsame S-Bahnen unterteilt – ein Prinzip, das im restlichen Kanton erst nach und nach eingeführt wurde. Mit der gleichzeitigen Eröffnung der Zürichberglinie Zürich HB – Stadelhofen – Stettbach – Dietlikon / Dübendorf wurde ausserdem eine direkte Anbindung an den Bahnhof Stadelhofen beim wichtigen Verkehrsknoten Bellevue geschaffen, sowie die Möglichkeit, die Züge von der Oberlandlinie über Zürich hinaus durchzubinden. So wurde die S5 geschaffen, welche ab Pfäffikon SZ über Rapperswil – Wetzikon – Stadelhofen – Zürich weiter nach Oerlikon, Bülach und Rafz (bzw. in der anderen halben Stunde nach Niederweningen) führte; zwischen Wetzikon und Stadelhofen hielt sie nur in Uster. Die Bedienung der Zwischenhalte wurde durch die S14 übernommen, welche ab Zürich HB den klassischen Weg über Wipkingen, Oerlikon und Wallisellen nahm und ab Wetzikon nach Hinwil weiterfuhr. Zusammen mit der S2 und S6, die sich zwischen Effretikon und Wetzikon zu einem Halbstundentakt ergänzten, entstand in Wetzikon zu den Minuten xx.15 und xx.45 ein Vollknoten mit Anschlüssen in alle Richtungen, auf welchen neu auch die Buslinien der Verkehrsbetriebe Zürichsee und Oberland (VZO) sauber abgestimmt werden konnten.

Zwischen Uster und Dübendorf wurde die S14 durch die S9 zum Viertelstundentakt ergänzt, die dann aber den schnelleren Weg über Stettbach nach Zürich nahm und von dort weiter über das Knonauer Amt nach Zug führte.

Die Zürichberglinie ab dem Zürcher Hauptbahnhof über Stadelhofen und Stettbach nach Dübendorf bzw. Dietlikon war wohl nebst den massiven Taktverdichtungen der Hauptgrund für den landesweit einmaligen Erfolg der S-Bahn und des Gesamt-ÖV im Kanton Zürich. Die 1990 eingeführte S-Bahn brachte im Oberland auch die Aufteilung des Angebotes in schnelle und «langsame» S-Bahnen, wobei auch die «langsame» S9 mit Halt an allen Stationen bis Uster dank der Zürichberglinie eine deutliche Fahrzeitverkürzung gebracht hat. Die einteilige DPZ-Komposition hat im Bahnhof Stettbach gerade den Zürichbergtunnel verlassen und fährt nun unter freiem Himmel der Abzweigung Neugut entgegen, wo sie niveaufrei von der S-Bahn-Doppelspur ausfädelt und dann – diesmal leider à niveau – in die alte Stammstrecke Wallisellen – Rapperswil einfädelt. Die Komposition, Anfang 2012 aufgenommen, besteht aus drei DPZ-Zwischenwagen in einem Mischzustand – noch in der alten Farbgebung mit steingrauem Band und gelben Türen, aber bereits mit neuen LED-Seitenanzeigen anstatt der ursprünglichen Rollbändern. Auch die Lok ist nicht vollständig modernisiert – zwar ist die Tür bereits blau anstatt gelb und das Rollband wurde durch eine grüne Matrix-Anzeige ersetzt, noch fehlt aber das im Rahmen der R4 eingebaute dritte Frontlicht.

Titelbild: Die «S5-Stadt» dürfte wohl das einzige Siedlungsgebiet der Schweiz sein, das – wenn nicht im allgemeinen Sprachgebrauch, dann doch unter Fachleuten – nach einer S-Bahn benannt ist. Als einzige St. Galler Gemeinde an der Linie gehört zwar Rapperswil-Jona im ursprünglichen Sinn nicht zur Bandstadt im Zürcher Oberland, aber dafür zu den Hauptprofiteuren der S5 und ihrer heutigen «Schwester» S15, welche eine annähernde Halbierung der Fahrzeiten in die Stadt Zürich gebracht haben. RABe 511 051 hat den Bahnhof Jona verlassen und fährt nun im letzten Abendlicht über den Bahndamm bergwärts in Richtung Kanton Zürich.

Im Gegensatz zur S9 und den schnellen S-Bahnen nimmt die S14 als einzige den klassischen Weg über Wallisellen nach Zürich (wobei ab Oerlikon seit 2014 über die neue zweite Durchmesserlinie gefahren wird). Die Doppeltraktion DPZ, für die S14 in Spitzenzeiten üblich, hat gerade den Glattalbahn-Viadukt unterquert und erreicht nun den Bahnhof Wallisellen auf Gleis 4. Der einstige Schnellzugshalt hat viel von seiner bahntechnischen Bedeutung eingebüsst, seit die Schnellzüge Zürich – Winterthur über die Flughafenlinie (1980) und die S-Bahnen über den Zürichberg (1990) verkehren. Für den Betrieb der drei halbstündlichen S-Bahnen reicht der vordere Mittelperron mit Gleis 3 und 4 denn auch gut aus, am Perron 5/6 wurde praktisch die gesamte Infrastruktur demontiert, und langsam wächst das Unkraut über die Geschichte des Haltes…

Um dieses Angebot bewältigen zu können, wurde die Strecke weiter ausgebaut; bis im Mai 1990 wurden die Streckenabschnitte Aathal – Wetzikon und Rapperswil – Jona (genauer, bis zur Dienststation Grünfeld etwa 200 Meter nördlich der Haltestelle Jona) auf Doppelspur ausgebaut. Beide Ausbauten hatten massive Eingriffe zur Folge: in Aathal wurde die Strecke begradigt, die neue Haltestelle mit Mittelperron endet direkt am Portal eines 265 Meter langen, neuen Doppelspurtunnels. In Jona, wo erst 1980 eine Haltestelle an der eingleisigen Strecke eingerichtet wurde, mussten der bestehende Einschnitt durch den Grünfels-Hügel sowie der beidseits anschliessende Damm verbreitert werden, um Platz für ein zweites Gleis und einen zweiten Aussenperron zu schaffen. Die Fahrzeit wurde dank Zürichberglinie und beschleunigten S-Bahnen massiv reduziert: Statt rund 60 Minuten dauerte die Fahrt Zürich HB–Rapperswil nun noch 35 Minuten, schneller als bisher entlang der «Goldküste» über Meilen.

Zwischen Uster und Wetzikon überwinden die S-Bahnen 65 Höhenmeter; ein Höhenunterschied, der am parallelen Aabach durch unzählige Industriebetriebe ausgenützt wurde und heute vor allem der Stromgewinnung dient. Das erste Streckengleis hatte nebst den diversen Fabriken noch Platz im Talboden gefunden, als Ende der 1980er-Jahre aber die Strecke doppelspurig ausgebaut wurde, musste der Platz dafür mittels eines 265 Meter langen Tunnels geschaffen werden; gleichzeitig konnte so die Strecke begradigt und somit die Geschwindigkeit erhöht werden. Die DPZ-Komposition mit Re 450 005 an der Spitze hat als S14 den kurzen Tunnel durchfahren und erreicht die Spaltweiche des Anschlussgleises Aathal, welches ab hier der alten Streckenführung folgt.
In Jona beginnt die Doppelspurstrecke nach Rapperswil, ebenfalls 1990 eröffnet. Die einst einspurige, erst 1980 eröffnete Haltestelle Jona wurde 2014 zu einem ÖV-Knotenpunkt mit moderner Architektur ausgebaut, welcher einen Kontrast zur Villa Grünfels auf dem danebenliegenden Grundstück bildet. Die KISS-Doppeltraktion hat kurz vor der Einfahrt in die Haltestelle die Spaltweiche (Dienststation «Grünfels) passiert und fährt nach kurzem Halt auf der Doppelspur weiter in den Bahnhof Rapperswil.

Auch der Fahrzeugeinsatz änderte sich mit der Einführung der S-Bahn: Waren bisher mehrheitlich Pendelzüge mit Triebwagen RBe 4/4, Re 4/4 oder gar BDe 4/4 Standard, wurden nun sukzessive die vierteiligen DPZ-Pendelzüge mit Re 450 und Doppelstockwagen eingesetzt, üblicherweise in Einfachtraktion, in den Hauptverkehrszeiten aber auch in Doppeltraktion oder sogar in 300 Meter langen Dreifachkompositionen. Die Ablösung des bestehenden Materials zog sich allerdings bis zum Ende der Lieferfrist 1998 hin, lediglich die von Beginn an sehr stark frequentierte S5 wurde relativ rasch auf DPZ umgestellt. Auch nach 1998 blieben die inzwischen zu RBe 540 modernisierten Triebwagen aus den 1960er-Jahren ein gewohntes Bild, nun allerdings auf den nummernlosen HVZ-S-Bahnen, welche die S5 in Lastrichtung zu einem ungefähren Viertelstundentakt ergänzten.

Der Viertelstundentakt kommt…

Schon kurz nach ihrer Einführung musste die S-Bahn Zürich ausgebaut werden. Während die erste und zweite Teilergänzung die Oberlandlinie nicht betrafen, wurde im Rahmen der dritten Teilergänzung bis Dezember 2006 ein Doppelspurabschnitt zwischen Bubikon und Rüti erstellt. Dieser ermöglichte die Kreuzung zwischen der S5 und der Zusatzzüge auf offener Strecke; diese Neutrassierung der Zusatzzüge ermöglichte es, dass diese untereinander zwischen Rapperswil und Jona sowie in Wetzikon kreuzen und somit in beide Richtungen gleichzeitig fahren konnten. Aus den Zusatzzügen entstand damit eine neue Linie. Sie erhielt die Nummer S15 und wurde zu Beginn von Montag bis Freitag geführt; über Zürich hinaus verkehrte sie zuerst bis Birmensdorf und nach Abschluss der Teilergänzung im Dezember 2007 bis Affoltern am Albis. Anfänglich kamen in den Hauptverkehrszeiten die betagten RBe-540 als «Sandwich» mit einem Triebwagen an beiden Zugsenden zum Einsatz, in den ruhigeren Tageszeiten DPZ-Pendelzüge.

Die Doppelspur Rüti¬–Bubikon war für die Einführung der S15 als vollwertige S-Bahn-Linie zwingend, da im Bereich zwischen den beiden Bahnhöfen der logische Kreuzungspunkt zwischen S5 und S15 liegt. Auch an diesem winterlichen Oktobertag konnte so die S15 Richtung Zürich bereits abfahren und in der Einfahrt des Bahnhofs Rüti die entgegenkommende S15 kreuzen. Das Gleis 3 dient den Zügen der S26 Richtung Wald, Bauma und Winterthur, welche bis zur Einführung der S15 ab hier ebenfalls nach Rapperswil weiterfuhren.

Die Entlastungswirkung der neuen S-Bahn auf die S5 hielt sich anfänglich in Grenzen, was zum Teil den anfänglich nicht auf diese Züge ausgerichteten Anschluss-Buslinien, aber nach Einschätzung der Besteller auch auf das alte Rollmaterial zurückzuführen war. Die Ablösung nahte in Form der neuen Doppelstock-Triebzüge vom Typ RABe 514 (DTZ); im gelenkten Einsatz auf der S14 gelangten die Züge im Sommer 2006 erstmals in den kommerziellen Einsatz, wobei sie die damals noch regelmässig zu sehenden Mirage-Triebzüge RABDe 510 ersetzten.  Sobald die Züge definitiv abgenommen wurden, waren sie auch auf der S15 zu sehen, welche sie im Dezember 2008 integral übernahmen. Gleichzeitig wurden diverse Buslinien auf die S15 ausgerichtet, was der neuen Linie zum Durchbruch verhalf. Mit fortschreitender Ablieferung gelangten auch mehr Züge auf die S14, welche ab dem April 2009 ebenfalls vollständig mit diesen neuen Niederflurtriebzügen bedient wurde.

Anfänglich mit den betagten Sandwich-Pendelzügen mit RBe 540 bedient, wurde die S15 ab 2008 zur Stammstrecke für die 61 Triebzüge RABe 514 (DTZ) von Siemens. Im Bild verlässt eine Doppeltraktion der Züge im letzten Abendlicht den Bahnhof Jona in Richtung Rüti. Das Alpenpanorama dahinter reicht vom Speer über den Mürtschenstock bis zu den Glarneralpen.

Grosse Umstellungen durch die vierte Teilergänzung

Ab Dezember 2011 kam die neuste Generation von Zürcher S-Bahn-Zügen zum Einsatz: die von Stadler gelieferten Triebzüge des Typs RABe 511, vom Hersteller «KISS» genannt, bei der SBB als RV-Dosto (RVD) geführt. Aufgrund der Möglichkeit, die Züge am Zürcher Hauptbahnhof auszutauschen, und der relativ kurzen Streckenlänge wurde wiederum die S14 als erste Einsatzstrecke ausgewählt, bevor die Züge, erstmals in der Geschichte der Zürcher S-Bahn mit 150 statt 100 Metern Länge, auf die stark frequentierte S12 gelangten. Ins Oberland gelangten sie schrittweise mit einigen Umläufen der S15, welche dann per Juni 2014 fast vollständig auf das neue Rollmaterial umgestellt wurde – gleichzeitig wurden auf der S5 nach über 20 Jahren die DPZ-Pendelzüge durch DTZ-Triebzüge ersetzt, die DPZ gelangten dafür (wieder) auf S7, S8 und S15. Grund für die Rochade waren die stets knappen Fahrzeiten und vor allem Fahrgastwechselzeiten auf der S5 – mit 8 statt 6 Türen pro 100-Meter-Zug und besserer Beschleunigung erhoffte man sich hier eine deutliche Entspannung.

Die DTZ blieben allerdings nicht lange auf der S5: Es zeigte sich rasch, dass die im Juni 2014 von DTZ zurück auf DPZ umgestellte S8 vor allem zwischen Zürich und Pfäffikon ZH zu wenig Kapazität hatte und auch ihre Fahrpläne kaum einhalten konnte. Nach eineinhalb Jahren wurden deshalb im Dezember 2015 die DTZ von der S5 auf die S8 versetzt; die inzwischen vorangeschrittene Ablieferung der RV-Dosto ermöglichte es, die S5 integral mit diesen Zügen zu bedienen, während auf der S15 wieder verstärkt DPZ eingesetzt wurden.

Gleichzeitig wurde im Dezember 2015 auch die vierte Teilergänzung der S-Bahn Zürich auf diesem Korridor umgesetzt. In diesem Ausbauschritt wurden die S-Bahn-Linien in Zürich neu verknüpft, wobei die Äste im Oberland ihre Nummern und Taktlagen behielten:

  • S5 Pfäffikon SZ – Rapperswil – Zürich, neu weiter nach Affoltern a.A. und Zug
  • S9 Uster – Zürich, neu weiter nach Bülach – Rafz – Schaffhausen
  • S14 Hinwil – Zürich neu weiter nach Affoltern am Albis
  • S15 Rapperswil – Zürich neu weiter nach Oberglatt – Niederweningen

Die S14 fuhr bereits seit Juni 2014 über die neue zweite Durchmesserlinie anstatt über die alte Nordostbahn-Strecke via Wipkingen in den Zürcher Hauptbahnhof, was die Verlängerung ab Dezember 2015 überhaupt erst ermöglichte.

Die vierte Teilergänzung der S-Bahn Zürich brachte für viele Teile des Kantons einen Angebotsausbau, aber auch neue Liniennummern. Nicht so für das Oberland, wo alle vier Linienäste ihre angestammten Nummern behalten durften. Neu fährt allerdings die S14 nicht mehr nur bis Zürich HB, sondern dank Durchmesserlinie weiter ins Knonaueramt nach Affoltern am Albis. Auch endete bereits im Juni 2014 der zeitweilige Einsatz von DTZ- und KISS-Triebzügen, die Linie wird heutzutage wieder integral mit DPZ bedient, so wie hier zwischen Schwerzenbach und Dübendorf. Unweit von kantonalen Entwicklungsschwerpunkten verläuft hier die Linie über eineinhalb Kilometer durch ein sehr ländliches Naherholungsgebiet; auch der doppelspurige Ausbau in den 1980er-Jahren konnte der Idylle nichts anhaben.
Die Einführung der derzeit jüngsten Fahrzeuggeneration der S-Bahn Zürich, der RABe 511 «KISS», brachte ab 2011 erstmals 150 Meter lange Stammkompositionen auf dem Netz. Gerade auf den stark frequentierten S5 und S15 konnte so auf Doppeltraktionen der nur 100 Meter langen DPZ- oder DTZ-Züge ausserhalb der HVZ verzichtet werden. Während der Hauptverkehrszeit sind die Züge ohnehin 300 Meter lang, so auch diese S5, welche kurz nach dem Start in Pfäffikon SZ den Seedamm zwischen Zürich- und Obersee quert und in Kürze den Bahnhof Rapperswil erreicht. Die Strecke über den Damm hat mit der übrigen Bahnstrecke Rapperswil–Zürich historisch überhaupt nichts zu tun, er wurde als Nebenbahn durch die Südostbahn erbaut und betrieben. Trotzdem ist er seit 1990 eine willkommene Netzergänzung im S-Bahn-Netz, verknüpft er doch die links- und rechtsufrige Zürichseelinie auf kürzestmöglichem Weg.

Die letzten Reste der Hauptlinie

Mit der zunehmenden Ablösung der auf der S15 verbliebenen wenigen DPZ durch RABe 511 herrscht im Oberland eine klare Einsatzordnung: sechsteilige Niederflur-Triebzüge auf den Schnelllinien S5 und S15, DPZ auf den «langsamen» S9 und S14.

Auf den «schnellen» S-Bahnen S5 und S15 fahren seit Ende 2015 mehrheitlich (auf ersterer sogar ausschliesslich) KISS-Triebzüge. Eine neue Endstation hat per Dezember 2015 auch die S15 erhalten, sie endet nun im Zürcherisch-Aargauischen «Grenzbahnhof» Niederweningen, früher Endpunkt einer der beiden stündlichen S5. Bis dahin hat der Zug allerdings noch mehr als eine Stunde fahrt vor sich, als er zwischen Jona und Rüti die erste Steigung hinauf vom Kanton St.Gallen ins Zürcher Oberland erklimmt.

Nur zwei Zugläufe erinnern daran, dass die Linie als Hauptlinie einst mehr Funktionen hatte als nur die rasche Anbindung einer wachsenden Agglomeration an Zürich. Da ist einerseits das werktägliche Güterzugs-«Paar» 50433/50458, welches Wetzikon an den Rangierbahnhof Limmattal anbindet und dabei auch Güterwagen in Schwerzenbach abholt, und das mit einer Re 620 einen Hauch «echte Eisenbahn» ins Glattal bringt.

Andererseits werden auch die Domino-Pendelzüge der Linie Rapperswil­–Schwanden (–Linthal) über die Glattal-Linie nach Zürich überführt (die Überführung in Gegenrichtung erfolgt zumindest im Fahrplan 2019 über Wädenswil­ und Pfäffikon SZ).

Ab den 90er-Jahren waren NPZ-Pendelzüge stündlich zwischen Rapperswil und Rüti ZH zu Gast als S26 Rapperswil – Winterthur. Mit Umstellung der S26 auf Thurbo-GTW und der Verkürzung bis Rüti fielen diese Leistungen weg, um Platz für die halbstündliche S15 zu schaffen – die Strecke Rapperswil – Linthal wurde so zum Inselbetrieb ohne Zugang zu einem Unterhaltsstandort, weshalb täglich ein fakultatives Zugspaar die Überführung von Wartungskandidaten nach Zürich und zurück sicherstellt. Die Hinfahrt führt nach Ende der morgendlichen Hauptverkehrszeit über das Oberland nach Zürich – im Bild eine dreiteilige Domino-Komposition, wie sie heute Standard auf der Glarner Linie ist, auf der Fahrt Richtung Rüti. Die Bahn gewinnt auf dem Abschnitt in einem weitem Bogen die notwendige Höhe, um in Rüti den oberhalb des Dorfes gelegenen Bahnhof zu bedienen; dabei wird auch dieser Bahndamm über eines der hier parallel zum Obersee laufenden Seitentäler der Jona überquert.
Der abendliche Güterzug 50458 sammelt in Wetzikon und Schwerzenbach die Güterwagen in Richtung Rangierbahnhof Limmattal (RBL) und weiter ein. Je nach Wochentag ergibt dies nach wie vor einen ansehnlichen Zug, für den im Fahrplan 2019 eine Re 620 eingeteilt ist. Die rote 620 018 ist mit ihrem noch kurzen Zug rund eine Stunde vorzeitig unterwegs, hat soeben die Stadt Uster durchquert und rollt nun über das offene Feld gegen Schwerzenbach, wo rund 10-15 weitere Wagen dazukommen werden.

In Zukunft wird ein weiterer Ausbau der S-Bahn angestrebt: Das Konzept «S-Bahn 2G» des ZVV plant die Aufteilung des Netzes in eine «innere» S-Bahn mit einstöckigen stehplatzoptimierten Zügen und eine «äussere» S-Bahn mit Doppelstockzügen, welche im Bereich der inneren S-Bahn beschleunigt verkehren sollen. Fahrplantechnisch ist dieses Konzept im Glattal eigentlich schon umgesetzt – allerdings noch nicht mit den angestrebten Zugsdichten und -Typen. Der Ausbauschritt (AS) 2035, den das Bundesparlament im Juni 2019 verabschiedet hat, bringt gemäss provisorischem Angebotskonzept folgendes Raster:

  • Sauberer 15-Minuten-Takt der schnellen S-Bahn analog heute
  • Sauberer 15-Minuten-Takt der langsamen S-Bahn via Stadelhofen nach Uster
  • Zusätzlich dazu je halbstündlich schnelle und langsame S-Bahnen via Oerlikon – Wallisellen nach Wetzikon. Neu soll die schnelle anstelle der langsamen S-Bahn nach Hinwil weiterfahren.
  • In der Summe erreichen somit ab Zürich 12 stündliche Züge Uster und deren 8 Wetzikon.

Auch wenn sich dieses Konzept bis zu seiner Umsetzung mehrfach ändern dürfte: die dazu notwendige Ergänzung des Bahnhofs Stadelhofen mit einem vierten Gleis und niveaufreier Verzweigung der Linien nach Tiefenbrunnen und Stettbach ist beschlossene Sache und wird eine weitere Kapazitätssteigerung bringen. Auch der Ausbau zwischen Uster und Aathal ist im AS 2035 enthalten.

Klar ist aber auch, dass mit den angestrebten Zugzahlen zwischen Dübendorf und Uster die Kapazität dieser über 150-jährigen Strecke definitiv ausgereizt sein wird. Ob die Kapazitäten reichen werden, um die in der Hautpverkehrszeit heute schon spürbaren Engpässe zu beseitigen, ist fraglich. Wenn sich der ÖV in der Schweiz mittelfristig in gewohntem Mass weiterentwickeln wird, dürfte der Vierspur-Ausbau Dübendorf – Uster schon bald zum Thema werden. Auch die Diskussionen über den Doppelspurausbau Uster – Aathal dürften aber noch nicht «gegessen» sein – die seit Jahren und auch schon ohne Aussicht auf Realisierung teilweise heftig ausgetragene Diskussion über die genaue Umsetzung (Tunnel oder offen, mit oder ohne zusätzliche Haltestellen, über die ganze Strecke oder nur zwischen Oberuster und Aathal) dürfte hier weiterhin für Zündstoff in den Debatten auf allen Ebenen sorgen.

Die idyllische Strecke durch das Aathal wird bis 2035 auf Doppelspur ausgebaut werden, um das vorgesehene Siedlungs- und Verkehrswachstum im deutlich zweistelligen Prozentbereich von Verkehrsseite zu unterstützen. Ob und wie dies umsetzbar ist, ist seit langem Teil der politischen Diskussion, genauso wie übrigens auch die Zugänglichkeit der unzähligen historischen Wasserkraftanlagen auf diesem Abschnitt. RABe 511 051 rollt als S15 entlang dem einstigen Fabrikkanal der Firma Trümpler talabwärts gegen Oberuster. Der Kanal «füttert» heute ein Kleinwasserkraftwerk im längst umgenutzten Trümpler-Areal und ist insbesondere deshalb spektakulär, weil er stellenweise oberhalb einer Nagelfluh-Wand geführt wird.
Der eine oder andere Politiker (und Autofahrer) erhofft sich von einem Doppelspurausbau in Uster auch die Eliminierung der zehn Bahnübergänge auf Stadtgebiet – wenngleich diese erwiesenermassen als Dosierungsanlagen für den ankommenden Strassenverkehr dienen und so eine Verkehrsüberlastung auf Stadtgebiet verhindern. Ärgerlich sind die Schliesszeiten aber auf jeden Fall – bei 12 stündlichen S-Bahnzügen sind Übergänge wie dieser während deutlich mehr als 50% der Zeit geschlossen.

Im Siedlungsband zwischen Dübendorf und Uster leben heute 90’000 Einwohner, hinter Uster kommen bis Rapperswil-Jona noch einmal 70’000 dazu, und die Tendenz zeigt in allen Städten weiter aufwärts. Es ist zu hoffen, dass die einstige Nebenbahn mit dieser Entwicklung auch in Zukunft Schritt halten kann.

Zwischen Wetzikon und Bubikon queren die Züge das Ambitzgi- und Oberhoflerriet, zwei geschützte Moorgebiete im einstigen Gletschervorland. Die beiden Schutzgebiete stehen seit Jahren dem «Lückenschluss» der Oberlandautobahn zwischen Uster und Hinwil im Weg, hat doch auch das Bundesgericht entschieden, dass die Landschaft dem Autobahnbau nicht geopfert werden darf. So sagen sich in der Ebene weiterhin Fuchs, Hase und Wild gute Nacht – regelmässig auch aus den Zügen sichtbar, welche das Wild hier nicht übermässig zu stören scheinen. Die Aufnahme entstand im kalten, aber schneefreien Dezember 2017, der das Oberland nach diversen Nebellagen in einen weissen Zuckerüberzug hüllte.