Vom Bahnhof Luzern führt die Postautolinie 71 direkt ins Obernau und von dort aus auf die einzige Bergpoststrasse des Kantons Luzern. Auf dem Weg zum Fuss des Pilatus im Eigenthal wird dabei das Dreiklanghorn ordentlich genutzt.
Ein Bericht von Sandro Flückiger (Text und Fotos).
Wenn man am Bahnhof Luzern in das Postauto der Linie 60.071, oder kurz der Linie 71 einsteigt, ahnt man noch nicht, dass einen in wenigen Minuten die einzige Bergpoststrasse des Kantons Luzern erwartet. Der erste Teil der Fahrt führt mitten durch die Stadt Luzern, weiter bis in die Gemeinde Kriens und ins Obernau. Dabei folgt das Postauto von Bucheli Busbetriebe aus Kriens die ganze Zeit der Trolleybuslinie 1, welche von den Verkehrsbetrieben Luzern betrieben wird. Die Postautos verkehren auf diesem Abschnitt als Eilkurs, indem sie nur wenige wichtige Haltestellen bedienen. Kurz nach der Haltestelle Obernau Dorf, wo der Trolleybus wendet, wird die Strasse enger und die Aussicht ländlicher. Von hier geht es stetig bergauf in Richtung Eigenthal.
Über die Holzbrücke zur Wallfahrtskirche
Nur wenige hundert Meter nach der Haltestelle Obernau Dorf überquert der Bus eine gedeckte Holzbrücke, welche kaum breiter und höher ist als das Fahrzeug an sich. Diese Brücke, die Hergiswaldbrücke, ist eine der wenigen erhaltenen Holzbrücken im Kanton Luzern und wurde bereits im Jahr 1792 erbaut. Obschon sie mehrfach saniert wurde, um den immer schwereren Strassenverkehr aufzunehmen, nagt der Zahn der Zeit an der Holzkonstruktion. Seit März 2012 ist eine neue Brücke im Bau, welche die historische Brücke vom Verkehr befreien soll.
Für das Postauto geht die Fahrt erst durch die Ränggschlucht weiter, bevor es sich über mehrere Spitzkehren vorbei am Schützenhaus in Richtung Hergiswald bergwärts arbeitet. Im Hergiswald gibt es neben einem Restaurant, welches angeblich vorzügliche Gerichte servieren soll, und einer tollen Aussicht, die bei gutem Wetter weit über die Stadt Luzern hinaus reicht, auch eine Wallfahrtskirche. Die Hergiswaldkirche geht auf einen Einsiedler zurück, der sich Ende des 15. Jahrhunderts an diesem Ort niederliess. Bereits 1504 wurde im Hergiswald die erste Kapelle eingeweiht, ab 1620 folgten diverse Anbauten, bis die Kirche im Jahr 1662 schliesslich bis zur heutigen Grösse angewachsen war. Im Innern des Kirchenschiffs befindet sich eine eigene Kapelle, die Loretokapelle, welche auch eine schwarze Madonna beherbergt. In den Nebenkapellen sind zahlreiche Altäre angeordnet, welche in imposantem barockem Stil Bibelszenen darstellen. Mit ihrer interessanten Architektur im Innern lohnt sich ein kurzer Abstecher in die Kirche auch für Leute, die sich sonst nicht für Religion oder Geschichte interessieren. Nach der Besichtigung kann die schöne Aussicht vom Restaurant aus genossen werden.
An den Fuss des Pilatus
Vom Hergiswald her geht die Strecke über die schmale Strasse weiter bergauf durch Waldabschnitte und enge Kurven, bei denen besonders am Wochenende oft das Dreiklanghorn zum Einsatz kommt, um die zahlreichen automobilen Ausflügler über die Machtverhältnisse aufzuklären. Bei der Station Holderkäppeli gibt es eine Strassenverbindung nach Schwarzenberg – Malters, die am Wochenende stündlich von Postautos befahren wird. Werktags ermöglicht immerhin je ein Bus morgens und abends die direkte Verbindung vom Eigenthal nach Schwarzenberg, wer will hat auch Anschluss auf die Linie 71. Vom Holderkäppeli führt die Strecke dann nur noch wenig in die Höhe, bevor der höchste Punkt der Strecke kurz vor der Haltestelle Eigenthalerhof erreicht ist. Nach einer kurzen Talfahrt erreicht der Bus schliesslich die Endhaltestelle Talboden, von wo aus man weite Wanderungen um den Pilatus unternehmen kann. Wer ein wenig Ausdauer hat, kann vom Eigenthal her selbstverständlich auch Pilatus Kulm und das Mittagsgüpfli erklimmen.
- 1914: Auf der Strecke Kriens – Eigenthal werden erstmals Personen und Post transportiert.
- 1926: Die definitive Postautolinie Kriens – Eigenthal wird am 1. Juni eingeweiht. Gefahren wird von Mai bis Oktober mit einem 10 plätzigen Fiat.
- 1930: Die Postautokurse werden nun von und nach dem Bahnhof Luzern geführt.
- 1936: Der Betrieb wird nun auch während der Wintermonate aufrecht erhalten.
- 1941-1945: Einkürzung auf den Abschnitt Kriens – Eigenthal auf Grund von Treibstoffmagel.
- 1959: Robert Bucheli Senior übernimmt die Linie von Hans Heggli.
- 1974: Robert Bucheli Senior übernimmt auch die Linie von Luzern nach Udligenswil.
Eilkurse und Stundentakt
Die Linie 71 an sich ist mehrheitlich touristisch ausgerichtet, was man auch am Fahrplan merkt. Unter der Woche verkehren gerade einmal fünf Kurspaare, mittwochs am frühen Nachmittag noch ein sechstes. Um die Linie besser auf die Kundenbedürfnisse abzustimmen und die Fahrpläne attraktiver zu gestalten, wurde das Angebot ab 2010 mit zwei Massnahmen ausgebaut. Im Januar dieses Jahres beschloss man nämlich probehalber Busse der Linie 71, die bisher leer vom Depot in Kriens nach Luzern fuhren, als schnelle Verbindung zwischen Kriens Busschleife und Luzern Bahnhof für das Publikum zu öffnen. In einer ersten Phase waren diese Busse aber noch nicht im Fahrplan vermerkt. Erst seit dem Fahrplan 2012 sind diese Kurse zur Entlastung der Trolleybuslinie 1 im Fahrplan eingetragen.
Im Dezember 2010 hielt am Wochenende der Stundentakt Einzug, nachdem bis anhin das gleiche schlanke Angebot wie werktags gefahren wurde. Der neue Takt kommt den Wanderern entgegen, welche spontan einen Sonntagsausflug in die Höhe unternehmen wollen. Für den Postautobetrieb bedeutet dies, dass am Wochenende zwei Busse auf der Linie 71 verkehren, die üblicherweise irgendwo zwischen Obernau und Hergiswald kreuzen. Aufgrund der sehr beengten Strassenverhältnisse müssen diese Kreuzungen per Funk abgesprochen werden. Laut Verkehrsverbund Luzern wurden 2011 dank dem Stundentakt am Wochenende und verbesserten Anschlüssen mit fast 100‘000 Reisenden 34% mehr Fahrgäste auf der Linie befördert als in dem Jahr zuvor.
Fahrzeuge
2001 beschaffte Postauto-Unternehmer Bucheli für die Linie eigens einen hochflurigen Integro; In Ausnahmefällen kamen auch andere Fahrzeuge des Betriebes zum Einsatz, insbesondere zwei Citaro Ü, die 2003 und 2006 beschafft wurden. Seit dem Stundentakt kommen besonders am Wochenende regelmässig auch Niederflurwagen, insbesondere der neueste Wagen des Betriebes, ein 2011 beschaffter Citaro LE, zum Einsatz.
Sandro Flückiger
Sandro Flückiger ist Mitgründer von ÖV Panorama