Neue Fahrzeuge verdrängen die Regionalzugskompositionen aus den 60er Jahren. Im Sommer 2011 stehen sie zum letzten Mal in grosser Zahl im Einsatz. Ein Augenschein zum Abschied auf den Linien rund um Zürich und Lausanne.

Die Pendler rund um Zürich sind sich uneins: Die einen hassen sie wegen den beschlagenen Scheiben im Winter, dem hohen Geräuschpegel, Platzmangel und dem Durchzug an den Fensterplätzen. Andere mögen sie wegen der angenehm schummrigen Beleuchtung, der wohligen Wärme der alten Heizung an kalten Wintertagen und dem erfrischenden Luftzug bei geöffnetem Fenster im Sommer. Die Rede ist, erfahrene S-Bahn-Zürich-Pendler ahnen es bereits, von den alten RBe-540-Kompositionen, die nur noch zu Spitzenzeiten eingesetzt werden. Doch nicht mehr lange: Die Ära der heute 45-jährigen Fahrzeuge neigt sich unaufhaltsam ihrem Ende entgegen. Höchste Zeit für eine Rückschau auf ein Kapitel Fahrzeuggeschichte bei der SBB.

Die Linien von Zürich nach Schaffhausen sind die letzte RBe-Hochburg unserer Zeit. Morgens verkehren nicht weniger als vier RBe-Pendelzüge via Eglisau von der Munot- in die Limmatstadt. Höhepunkt der «Reise» ist dabei der 116-Jährige Rheinviadukt in Eglisau, der den Fluss in 50 Metern Höhe überquert. Frühmorgens kräuselt der Wind die Wasseroberfläche leicht und verhindert eine Spiegelung der RBe-Komposition, die soeben den Viadukt überquert. Der hintere Triebwagen des Zuges ist an diesem Tag durch eine Re 4/4 II ersetzt worden. (Foto: Dominic Stucki)

Ein neues Konzept

Die Beschaffung der RBe 4/4-Triebwagen geht auf die Fünfzigerjahre zurück, als die SBB zur Modernisierung ihres Fahrzeugparks ein «traktionstechnisches Konzept» ausarbeitete. Dieses sah vor, die meisten Leistungen mit nur noch drei verschiedenen Fahrzeugtypen abzudecken. Neben den Lokomotiven Ae 6/6 und Re 4/4 II war darin auch die Beschaffung von «schweren Personentriebwagen» vorgesehen, die vor allem vor leichten und mittelschweren, teilweise verpendelten, Personenzügen sowie Güterzügen mit Personenbeförderung zum Einsatz kommen sollten. Nicht vorgesehen war hingegen der Einsatz im S-Bahn-Verkehr; für diesen Aufgabenbereich sollte eine kleine Serie von speziellen Triebzügen (RABDe 12/12) beschafft werden.

Die sechs Prototypen wurden 1959-1960 abgeliefert und aufgrund aktuten Rollmaterialmangels sofort vor langen Städteschnellzügen eingesetzt; eine Aufgabe, für die sie eigentlich nicht konzipiert waren.

Die 76 Seriefahrzeuge gelangten von 1963-1966 zur Ablieferung und kamen vorerst in Einzeldiensten zum Einsatz. 1965 und 1969 bestellte die SBB je 20 Steuerwagen DZt, 1974 30 weitere vom Typ BDt. Dank der Vielfachsteuerung IIId konnten sie neben dem RBe 4/4 auch mit anderen Fahrzeugen verwendet werden.

Jahrzehntelang waren die RBe 4/4 dannach mehr oder weniger gleichmässig über alle Kreise verteilt im Einsatz, wenngleich sie ab den Siebzigerjahren durch die Re 4/4 II in untergeordnete Dienste verdrängt wurden.

Zwischen Andelfingen und Marthalen rollen die Züge noch heute über die Thurbrücke von 1856. Verglichen mit dem Fachwerkbau ist die Zugskomposition mit RBe 540 und EW I aus den 60er Jahren geradezu modern, dennoch werden diese Züge lange vor der Brücke ausser Dienst gestellt werden. Noch werden sie allerdings benötigt und ersetzen zum Beispiel während der Hauptverkehrszeit eine moderne Komposition der S33, die zu wenig Platz für die Fahrgäste bieten würde. (Foto: Dominic Stucki)

Hauptrevision R4

Ende der Achtzigerjahre bahnten sich grössere Änderungen an. Zum einen hatten die Fahrzeuge die Hälfte ihrer Lebensdauer erreicht und mussten hauptrevidiert werden. Zum anderen wurde für die S-Bahn Zürich, die kurz vor dem Start stand, ein grosser Fahrzeugebedarf angemeldet. Weil die SBB auf Basis einer Wirtschaftlichkeitsrechnung die Revision und Ertüchtigung für weitere 25 Einsatzjahre dem vorzeitigen Ersatz vorzog, wurde eine Hauptrevision R4 für die RBe 4/4 und das zugehörige Wagenmaterial beschlossen. Die Fahrzeuge sollten ab 1990 zur Überbrückung des Fahrzeugmangels auf der S-Bahn Zürich eingesetzt werden und anschliessend Regionalzugdienste übernehmen, um dort die letzten lokbespannten Kompositionen abzulösen.
Kurz vor Beginn des S-Bahn-Einsatzes wurden in einer Blitzaktion sämtliche noch nicht hauptrevidierten Fahrzeuge mit Zugfunk und Thyristor-Lastschalter ausgestattet. Letztere sollten die elektromechanischen Lastschalter im harten S-Bahn-Betrieb weitgehend entlasten, übermässigen Kontaktabbrand vermeiden und das Ruckeln beim elektrischen Bremsen massiv reduzieren.

Teil der ordentlichen, von 1987 bis 1996 durchgeführten R4 waren dann die komplette Neuverkabelung, Einrichtung von ZUB und seitenselektiver Türsteuerung sowie die Modernisierung des Fahrgastraums. Im Laufe der Zeit kamen aufgrund des S-Bahn-Einsatzes weitere Arbeiten hinzu, so zum Beispiel der Einbau von Scheinwerfern, einer Scheibenwaschanlage und aussenbündiger Türen sowie ein Neuanstrich in NPZ-Farben und Umnummerierung zu RBe 540. Die bereits revidierten Fahrzeuge mussten daraufhin erneut angepasst werden, so dass erst 1998 ein homogener Fahrzeugpark bestand.

Neben den RBe wurden bereits seit 1985 auch Zwischen- und Steuerwagen vom Typ EW I/II modernisiert, erstere auch im Hinblick als Einsatz in den neuen NPZ. Zusätzlich wurden 21 ABt-Steurwagen zu BDt umgebaut.

Zwischen Zürich und Zug sind die RBe-Einsätze schon massiv zurückgegangen. Noch vor wenigen Jahren waren die Züge der S21 und S24 noch völlig in der Hand von RBe 540 und RABDe 510 «Mirage». Heute hingegen werden nur noch einzelne Züge der S21 mit RBe-«Sandwiches» geführt. So auch an diesem warmen, aber leicht bewölkten Juli-Abend, als der Schatten des Hügels schon nahezu die Bahnlinie bei Horgen Oberdorf erreicht. Noch reicht aber das Licht für ein Bild dieses langen RBe-Pendels, der als S21 auf dem Weg nach Zürich ist. (Foto: Dominic Stucki)

Im S-Bahn-Einsatz

Zum Start der S-Bahn auf den Fahrplanwechsel Mai 1990 wurden alle verfügbaren RBe 4/4 in Zürich zusammengezogen. Weil nur 24 der ausschliesslich für die S-Bahn beschafften DPZ (Doppelstock-Pendelzug) und einige zusätzliche Doppelstockwagen zur Verfügung standen, wurde ein Übergangsbetrieb eingerichtet. Mit 51 RBe-Triebwagen wurden 4-teilige (100 m) und 6-teilige (150 m) Pendelzüge gebildet. Je nach Fahrgastaufkommen verkehrten, genau wie bei den DPZ, bis zu drei bzw. zwei Einheiten in Vielfachsteuerung. Der erstmalige Einsatz von drei RBe 540 in einem Zug führte dabei zu Elektronikproblemen, welche die HW Zürich aber relativ schnell in den Griff bekam.

Für den Störungsfall standen zusätzlich zwei Dispo-Züge bereit, die aus sechs Zwischenwagen mit einem RBe 4/4 an jedem Ende formiert waren. Diese, heute fast ausschliesslich verwendete und als «Sandwich» bekannte Formation war schon kurz nach Ablieferung der RBe 4/4 aufgrund Steuerwagenmangel und 1971 auf der Goldküstenlinie als «Mirage»-Ersatz erprobt worden.

Mit fortschreitender Ablieferung der DPZ konnten im Laufe der Zeit immer mehr RBe-Pendelzüge ersetzt und in den Regionalverkehr verschoben werden. Als drei- oder vierteilige Kompositionen deckten sie in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre in grossen Teilen der Ostschweiz und des Mittellandes den Regionalzugverkehr ab.

Titelbild: Als S19018 und S19024 führen die RBe 540 als «Sandwich» frühmorgens zwei Zusatzzüge von Romanshorn nach Zürich Hardbrücke. Ersterer ist im Jahr 2011 aus zwei RBe-BDt-Pendeln zusammengesetzt und ist mit 12 Wagen das längste «Sandwich» bei der S-Bahn Zürich.
Als gegen Ende des Winters die Tage wieder länger wurden, konnte es der Fotograf natürlich kaum erwarten, diese Züge endlich abzulichten. Und so kam es nach aufwändigen Berechnungen und Vorausplanungen an diesem bitterkalten Morgen just bei Sonnenaufgang zu diesem Bild, als der Doppel-RBe-Pendel im allerersten Licht des Tages unter gewohnt brachialer Soundkulisse auf der 12-Promille-Rampe in Richtung Winterthur braust.

Foto: Dominic Stucki

Auch die Linie Winterthur-Schaffhausen wird noch regelmässig von RBe-Pendeln befahren. Zwei Zusatzzüge nach Zürich sowie ein Umlauf der S33 werden zur HVZ weiterhin mit den Methusalems von SBB-P geführt. Nachdem der typische RBe-Sound schon seit Minuten zu hören war, hat die Komposition mittlerweile die Thur überquert und nach einem Stopp in Andelfingen die Fahrt nach Winterthur im schönsten Morgenlicht fortgesetzt. (Foto: Dominic Stucki)
Die Komplexität der Gleisanlagen im Vorfeld des Zürcher Hauptbahnhofs wird schweizweit nicht überboten. Mit Brücken und Überwerfungen werden die meisten Strecken niveaufrei ausgefädelt, um einen möglichst reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. So stören denn auch die beiden RBe, die soeben in luftiger Höhe das Gleisvorfeld überquren, die Einfahrt der FV-Züge zur Spinne nicht im geringsten. RBe 540 024 (erkennbar am Übergangsblech) hat als S nach Bülach soeben den Bahnhof Hardbrücke verlassen und schraubt sich auf dem Viadukt zum Käferbergtunnel in die Höhe. Das andere «Sandwich» hat vor kurzem den Viadukt von der UA Herdern zum Vorbahnhof überquert und wartet auf grünes Licht für die Fahrt in die Bahnhofshalle. (Foto: Dominic Stucki)

Der Anfang vom Ende

Die Annahme einer Resteinsatzdauer von 20-25 Jahren stellte sich schnell als unrealistisch heraus. Mit der Revision des Eisenbahngesetzs wurde ein tiefgreifender Wandel im Regionalverkehr eingeleitet.  Niederflureinstieg, Mehrzweckabteil, Klimaanlage und ein heller, freundlicher Innenraum gehörten alsbald zum Standard für Regionalfahrzeuge. Die RBe 540 erfüllten keines dieser Kriterien und wurden bei Fahrgästen und den Kantonen, die den Regionalverkehr bestellen und finanzieren, schnell unbeliebt.

Ab 2004 begann in der Ostschweiz die Ablösung der RBe-Pendelzüge durch moderne Gelenktriebwagen von Thurbo. Gleichzeitig traten nach dem Wechsel des Unterhaltsstandorts von der HW Zürich ins IW Yverdon Probleme mit Rissen in den Radsatzwellen auf. Nur mit grossem Einsatz konnte ein Grounding der Flotte vermieden werden. Dennoch standen zeitweise mangels Werkstattkapazitäten bis zu 30 Triebwagen ausser Betrieb.

Für die in der Ostschweiz abgelösten Fahrzeuge wurden vorerst neue Aufgaben gefunden. Die dritte Teilergänzung der S-Bahn Zürich hatte einen erhöhten Fahrzeugbedarf zur Folge, der bis zur Ablieferung der neuen Doppelstockzüge teilweise durch RBe-Pendel abgedeckt wurde, wobei fast ausschliesslich «Sandwiches» zum Einsatz kamen. Zudem wurden die HVZ-Zusatzzüge vermehrt mit RBe-Doppelpendeln geführt. Immer wieder kamen RBe 540 auch zu Fernverkehrs-Ehren, sei es als Dispozug ab Zürich, als Extrazug an Grosskampftagen oder als Bespannung für den Entlastungsschnellzug Zürich-Chur.

In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts nahm die SBB in grosser Zahl neue Regionalfahrzeuge vom Typ «FLIRT» in Betrieb, womit die meisten RBe-Pendelzüge im Mittelland abgelöst werden konnten. Für die verbliebenen Einsätze reichte ein Teil der Flotte aus, so dass ab 2007, nur gerade 11 Jahre nach Abschluss der Hauptrevisionen, eine Welle von Ausrangierungen einsetzte.

RBe-540 werden noch auf folgenden Linien regulär eingesetzt:

  • Zürich – Winterthur – Schaffhausen
  • Zürich – Bülach – Schaffhausen
  • Zürich – Romanshorn
  • Zürich – Muri – Arth-Goldau
  • Zürich – Koblenz
  • Zürich – Thalwil – Zug (- Arth-Goldau)
  • Wettingen – Olten
  • Morges – Lausanne – St-Maurice
  • Romont – Palezieux

Zusätzlich sind, insbesondere im Raum Zürich, jederzeit Einsätze als Dispopendel möglich. Die Triebwagen fahren solo zudem diverse Sondereinsätze wie den Gefangenentransportzug, den Mitarbeitershuttle im Vorbahnhof von Zürich und diverse Fahrzeugüberfuhren.

Bis heute sind 46 Fahrzeuge, hauptsächlich im Raum Zürich, im Einsatz verblieben. Ihr Haupteinsatzgebiet besteht vor allem aus den HVZ-Einschaltzügen der S-Bahn Zürich und Dispozügen für Fernverkehr und S-Bahn. Als IR Zürich-Schaffhausen bzw. -Arth-Goldau leisten sie 2011 sogar Fernverkehrsdienste und werden im Weiteren für diverse betriebliche Aufgaben benötigt.

In der zweiten Hälfte 2011 liess sich bereits eine Abnahme der verbliebenen Leistungen beobachten. Von den Zusatzzügen St-Maurice – Lausanne verkehrt nur noch einer mit RBe 540; im Raum Zürich wurde bei mehreren «Sandwiches» ein Triebwagen durch eine Re 4/4 II ersetzt.

Einsätze von Solo-RBe 540 im Personenverkehr sind selten. Die einzigen öffentlichen Fahrten ohne Anhängelast sind die Regionalzüge Romont-Palézieux, die nur zur Hauptverkehrszeit verkehren. Eine Fahrt mit einem solchen Zug ist für RBe-Fans ein Erlebnis, da der Triebwagen seine Beschleunigung voll ausspielen kann. An einem warmen Julitag ist das erste Serienfahrzeug mit der Nummer 006 für ebendiese Regionalzüge im Einsatz. Kurz nach dem Bahnhof von Siviriez rauscht er dem Tunnel von Vaudrens zu. Im Hintergrund ist der alte Bahnhof von Siviriez sichtbar, der durch eine RV05-Station weiter in Richtung Romont ersetzt wurde. (Foto: Dominic Stucki)
Denkwürdige Aufgabe für RBe 540 077. Am 22. Juli bringt er zusammen mit der Re 4/4 II 11201 die «Mirage» RABDe 510 017 - die letzte ihrer Art - zur Verschrottung nach Waldibrücke. Sang- und klanglos endete so eine Ära bei der Zürcher S-Bahn. Der RBe hingegen wird an diesem Tage dem Schneidbrenner noch entkommen - für wie lange steht in den Sternen.

Ablösung durch Doppelstockzüge

2011 hat die SBB mit dem Projekt «LION» den Ersatz der letzten RBe 540 eingeleitet. Doppelstock-Pendelzüge, bestehend aus überflüssig gewordenen DPZ-Zwischenwagen und einer Re 4/4 II an beiden Enden sollen die alten Kompositionen im HVZ-Verkehr ersetzen. Diese neuen, «HVZ-D» genannten Einschaltzüge weisen dank den Doppelstockwagen eine höhere Platzzahl bei gleicher Zuglänge auf und können mit den DPZ-Fahrzeiten nahezu mithalten.

Zwischen 2012 und 2016 sollen pro Jahr 3-4 Kompositionen in Betrieb gehen. Das Ende der RBe-540-Einsätze könnte freilich schon viel früher kommen, denn die Ablieferung der neuen RV-Dosto setzt mit den Re 4/4 II und DPZ Rollmaterial frei, das sich für einen kurzfristigen Ersatz der RBe 540 bis zur Inbetriebnahme aller HVZ-D eignen würde. Gesichert ist jedoch nichts, denn die RBe 540 haben sich schon einmal kurz vor einer Ausrangierung als unverzichtbar gezeigt. Vom Ende dieser Fahrzeuge kann daher erst gesprochen werden, wenn das letzte Exemplar von den Schienen verschwunden ist.

Eines jedoch scheint sicher: In so hoher Zahl wie 2011 werden diese Fahrzeuge wohl nie mehr im Einsatz stehen. Und wenn dereinst im Sommer in den unklimatisierten HVZ-D tropische Temperaturen herrschen, wird sich der eine oder andere Fahrgast an die alten RBe-Kompositionen erinnern, an Lärm und Platzmangel, aber auch an den kühlenden Fahrtwind, der ihm bei offenem Fenster um die Ohren geweht hat. Und er wird vielleicht etwas wehmütig an den Sommer 2011 zurückdenken – an den letzten Sommer der RBe.

Eine nicht näher bekannte Störung hat die abendliche S11 um fast 10 Minuten verspätet. Nicht nur den Fahrgästen sondern auch dem Fotografen wäre ein pünktlicher Zug lieber gewesen, weil dann der Schatten der Bäume noch nicht bis zum Gleis bei Bürglen gereicht hätte. Immerhin ist die Sonne noch da und so glänzt der Zug wunderschön gold-orange in der Abendsonne. (Foto: Dominic Stucki)
Ein wunderschöner Spätwintertag am Lac Léman neigt sich dem Ende zu. Die Strahlen der tief stehenden Sonne vermögen nicht mehr so richtig zu wärmen und das Licht wird von Minute zu Minute wärmer. Am Seeufer ist es still, der nahe Badeplatz ist leer - bis auf einen Fischer im Rücken des Fotografen, der gedankenverloren in den Sonnenuntergang starrt. Der schwache Wind kräuselt die Seeoberfläche nur leicht und so spiegeln sich die leuchtenden Farben des «Kolibi»-Anstrichs der RBe-Komposition auf dem Wasser, als der Zug bei Rivaz südwärts braust und die nahezu vollkommene Ruhe für einen Moment jäh unterbricht. (Foto: Dominic Stucki)

Noch existiert kein umfassendes Werk über diese Fahrzeuge. Weiterführende Informationen finden sich jedoch in diversen Zeitschriften:

  • Schweizer Eisenbahn Revue, Minirex-Verlag, Luzern, diverse Ausgaben. Insbesondere: Kobelt, W. u.a.: «Die Hauptrevision der RBe 4/4-Triebwagen der SBB», in: Schweizer Eisenbahn Revue, 12/1992, S. 527 ff.
  • Schweizerische Bauzeitung / Schweizer Ingenieur und Architekt, diverse Ausgaben. Insbesondere: Gerber, F.: «Über das traktionstechnische Konzept der SBB», in: Schweizerische Bauzeitung, 26/1964, S. 505 ff.
  • Studer, B.: «Übriges Rollmaterial der S-Bahn Zürich» in: Schweizer Ingenieur und Architekt, 29/1991,
    695 ff.

Die «Schweizerische Bauzeitung» bzw. ihr Nachfolger «Schweizer Ingenieur und Architekt» sind online unter http://retro.seals.ch kostenlos verfügbar.

Nachdem dieser Beitrag im November 2011 erschienen war, gingen die RBe-Einsätze im S-Bahn-Verkehr stark abgenommen. Im Mai 2012 waren noch 13 Pendelzüge formiert, auf der S21/S24 Zürich – Horgen (- Zug) waren die Einsätze bereits stark zurückgegangen. Kurz darauf wurden auch die S11 Zürich – Winterthur – Schaffhausen durch HVZ-D und Doppelstocktriebzüge übernommen, der S33-Umlauf zur folgte per Fahrplanwechsel. Im September übernahmen DPZ zwei von drei S- und S11-Dienste nach Romanshorn und eine Rückfahrt am Morgen, ebenso endete der Einsatz auf dem RE Olten-Wettingen.

Mit dem Fahrplanwechsel 2012/13 endeten weitere Einsätze. Am Morgen fuhren fortan noch RBe-Pendelzüge ab Bülach, Niederweningen, Romanshorn, Winterthur, Ziegelbrücke und Zug nach Zürich, abends standen Leistungen nach Bülach, Baden, Romanshorn und Ziegelbrücke auf dem Programm. Dazu kamen ganztägige Einsätze als RE nach Schaffhausen (jeder 2. Umlauf) und als Ersatzzug. Als besonderes Schmankerl wurde der Umlauf Zürich – Baden- Zürich – Romanshorn (abends) und Romanshorn-Zürich (morgens) mit einem 11-teiligen Pendelzug mit drei RBe-540-Triebwagen gefahren.

Anfang 2013 zeichnete sich ein Engpass bei den Re 4/4 II ab. In der Folge kamen diverse RBe 540 zu Einsätzen im Fernverkehr. Dabei wurden entweder ganze RBe-Pendelzüge eingesetzt (z.B. als IR Biel – Konstanz oder Zürich – Bern via Burgdorf) oder ein einzelner Triebwagen als «Lokersatz» verwendet (z.B. Richtung Chur und Buchs SG). Als Traktion für die EN-Nachtzüge auf dem Abschnitt Zürich-Buchs kamen die Triebwagen im Herbst ihrer Karriere sogar nochmals zu Ehren im internationalen Fernverkehr. Im Juli 2013 waren dann die S-Bahn-Einsätze auf drei Umläufe geschrumpft, die Züge kamen von Zürich aus noch nach Baden, Bülach, Romanshorn und Ziegelbrücke. Am 5. Oktober verkehrte zum letzten Mal der 11-teilige Monster-Pendel nach Romanshorn.

Ab Fahrplanwechsel 2013/14 verblieben noch fünf Sandwich-Kompositionen die jeweils einmal pro Tag nach Bülach bzw. Ziegelbrücke und zurück fuhren sowie insgesamt viereinhalb Kurspaare auf der S21 Zürich – Zug übernahmen. Im Sommer kam es wiederum zu regelmässigen Einsätzen im Fernverkehr, dafür endeten aber mit der Inbetriebnahme der Durchmesserlinie im Juli 2014 die Einsätze zwischen Zug bzw. Ziegelbrücke und Zürich. Mit noch zwei achtteiligen Sandwiches wurden das letzte verbleibende regelmässige Zugpaar S 18021/18066 Bülach-Stadelhofen-Bülach und saisonale Zusatzzüge Zürich – Göschenen abgedeckt, die restlichen der insgesamt 28 noch vorhandenen Triebwagen kam nur mehr sporadisch zum Einsatz.

Ende August 2014 endeten die Einsätze zwischen Zürich und Bülach und damit der planmässige RBe-Verkehr auf der S-Bahn-Zürich. Einzig der ZVV-Dispopendel war noch mit RBe 540 bestückt. Am 26. Oktober 2014 fuhr zum letzten Mal ein planmässig eingeteilter RBe-Pendel als IR 2286 von Göschenen nach Zürich. Fortan kamen die Fahrzeuge nur noch ausserplanmässig als Ersatzzüge zum Einsatz. Dies jedoch nicht selten: Beinahe täglich häuften sich in den Eisenbahnforen Meldungen über RBe 540, die mit oder ohne Pendelzug als Ersatz eingesprungen waren. Und während die meisten Fotografen damit rechneten, auch 2015 noch einzelne Ersatzleistungen mit RBe 540 vor die Linse zu bekommen, war plötzlich Schluss. Am 12. Dezember 2014 wurde bekannt, dass die SBB per 14.12.14 sämtliche RBe 540 groundet. Der letzte verbürgte Einsatz war ein Ersatzzug Zürich-Bassersdorf-Luzern-Zürich am 13. Dezember. Von da an standen die Räder der einst stolzen Städteschnellzug-Triebwagen still. Was für eine Ironie, dass es ausgerechnet der Fernverkehr war, das ursprüngliche Einsatzgebiet dieser vielseitigen Fahrzeuge, der bis zum letzten Tag nicht auf die Dienste der zuverlässigen Triebwagen verzichten konnte.

Die meisten Fahrzeuge wurden anschliessend verschrottet, einzelne Exemplare überlebten bei SBB Historic und dem DSF.